Es ist kein Geheimnis, dass der Österreicher die Blüte seiner Tage in Vorfreude auf die Pension verbringt. Mag das Leben im Moment von Mühsal, Fron und Fremdbestimmung charakterisiert sein: In der Ferne winkt das goldene Zeitalter der Rente, in dem alles, aber ganz sicher, viel besser wird. Reisen, garteln, selber kochen, wo bisher der tägliche Krieg in der Hacke, das Futter des Großkantinen-Bestbieters und der abendliche Tranquilizer in Glotzenform den Takt bestimmt haben.

Das wäre alles schön und gut, wird durch neue Studien aber nicht ganz so unterstützt. Wenn man dem Economist glaubt, benehmen sich frischgefangte Pensionisten viel eher wie eine Bande Teenager beim Zeltfest als wie bewusste Genießer ihres Lebensabends. Die jetzt in die Pension gleitenden Babyboomer sind demnach besonders gefährdet, in Alkoholismus und Drogensucht abzurutschen - sowie, aber hallo, sich eine sexuell übertragbare Krankheit einzufangen. Der Grund: Schlechte Angewohnheiten verstärken sich oft, wenn das Korsett geregelter Arbeit wegfällt.

In den vergangenen fünf Jahren stieg die Zahl der Pensionistinnen in britischen Entzugsanstalten um 65 Prozent, die Zahl der über 65-Jährigen in Drogentherapie soll sich binnen fünf Jahren gar verdoppeln. Von derlei Extremen und Suchtproblemen abgesehen: Immerhin wissen die heimlichen Rebellen jetzt, dass die wilden Zeiten eh noch vor ihnen liegen! (Severin Corti, DER STANDARD, 1.12.2014)