Courbet-Gemälde: nicht verbrannt, in Salzburg verwahrt.


Foto: Kunstmuseum Bern

Salzburg - War Cornelius Gurlitt eigentlich "Piefke" oder "Ösi"? Die Frage nach der Nationalität war in der Causa irgendwann verschüttgegangen, überlagert von den Debatten um "entartete" und "Raub" -Kunst oder die juristisch fragwürdige Vorgehensweise der deutschen Behörden. Dabei hätte die Antwort Einfluss auf das Nachlassverfahren: konkret welches Erbrecht Anwendung findet und ob - im Falle einer doppelten Staatsbürgerschaft - die in Gurlitts Salzburger Haus gefundenen Kunstwerke ("bewegliche Güter") in einem separaten Verfahren hierzulande und basierend auf österreichischer Gesetzgebung (u. a. keine Erbschaftssteuer) geführt werden müssten.

"Nach deutschem Recht"

So weit die Theorie, denn in der Praxis ist das Verlassenschaftsgericht in München für die Abwicklung zuständig, "nach deutschem Recht", betont Rechtsanwalt Bernhard Hainz auf Anfrage. Seine Kanzlei (CMS Reich-Rohrwig) berät das Kunstmuseum Bern und assistierte dem deutschen Nachlassverwalter, etwa beim Ausfuhransuchen für die Salzburger Kunstwerke.

Laut Kaufvertrag vom 13. Mai 1960 hatte Cornelius Gurlitt ("Restaurator in Düsseldorf") die Liegenschaft in Salzburg als deutscher Staatsbürger erworben. Wann er um die österreichische Staatsbürgerschaft ansuchte, ist unbekannt, nur dass. Denn bei der Zollkontrolle im Zug (September 2010) hatte er sich mit einem österreichischen Pass ausgewiesen. Sein deutscher Pass, erwähnte er im Spiegel-Interview (November 2013), sei längst abgelaufen. Bis 2011 habe er diesen stets im deutschen Konsulat verlängern lassen, in Salzburg, wo er gemäß österreichischem Melderegister seinen Hauptwohnsitz hatte. Gurlitt muss also eine Doppelstaatsbürgerschaft besessen haben.

Wertvoller Fund

Das sei ihm neu, so Hainz, insgesamt jedoch unerheblich, "sein letzter Wohnsitz lag in Deutschland, sodass deutsches Erbrecht Anwendung findet" . Das Kunstmuseum Bern muss aufgrund seiner Gemeinnützigkeit übrigens keine Erbschaftssteuer abführen. Für Gurlitts 86-jährige Cousine wäre eine erfolgreiche Anfechtung des Testaments dagegen überaus kostspielig. Allein der Wert des "Salzburger Fundes" dürfte bei mehr als 150 Millionen Euro liegen.

Die Sammlung sei überwältigend, schwärmte der Direktor des Kunstmuseums Bern Mitte vergangener Woche in einem Interview (Tagesanzeiger). Zu den von Matthias Frehner beschriebenen "Glanzstücken" gehört neben dem Monet (Waterloo Bridge) und dem Manet (Marine) ein bedeutender Signac, ein Gauguin (Tahiti-Landschaft) oder ein kapitaler Cézanne (Montagne Saint-Victoire). Dazu Gemälde von Courbet, etwa Monsieur Jean Journet, von dem Cornelius' Vater Hildebrand übrigens einst behauptet hatte, es sei in Dresden verbrannt.

Die Gemeinsamkeiten dieser Werke: Sie stammen aus Salzburg, und ihre Provenienz wurde bereits erforscht, eine Paris-Ansicht von Pissarro auch schon als Raubkunst identifiziert. Im Ansuchen um befristete Ausfuhr - die vom Bundesdenkmalamt (BDA) noch vor dem Erbantritt Berns bewilligt worden war - hatte man dagegen "zum Zwecke wissenschaftlicher Untersuchung (Provenienz-Recherche)" argumentiert. Das sei kein Widerspruch, erläutert Hainz, zumal die Entscheidung bei der Taskforce liege und noch ausstünde.

Die Bezugsfrage

Selbst BDA-Präsidentin Barbara Neubauer sieht das entspannt, schließlich würde im Vorfeld einer endgültigen Ausfuhrbewilligung sowieso geprüft: ob diese Kunstwerke für den hiesigen Kulturbestand von Bedeutung sind beziehungsweise ob überhaupt ein dafür relevanter Österreich-Bezug gegeben sei. (Olga Kronsteiner, DER STANDARD, 1.12.2014)