Wien - In einem Standard-Beitrag (17. 11. 2014) haben sich die Anwälte Manfred Essletzbichler und Sebastian Oberzaucher gegen die Reform des Vergaberechts mit der Begründung gewehrt, Klein- und Mittelbetriebe (KMUs) sowie Ein-Personen-Unternehmen (EPUs) würden durch Einschränkungen von Subsubvergaben behindert. Man kann die Problematik auch ganz anders sehen.

Derzeit werden Bauleistungen in einem Vergabeverfahren angeboten, bei dem von vornherein klar ist, dass sie mit den eigenen Ressourcen nicht abgewickelt werden können. Man beauftragt Subunternehmer, diese ihrerseits Subsubunternehmer usw. Je mehr Beauftragungen, umso undurchsichtiger die Konstruktion. Das steigert die Intransparenz und begünstigt illegale Machenschaften. Zumindest ab der Subsubfirma beginnen meist die Probleme.

Subsubvergaben

Die Subsubvergaben erfolgen nämlich an de facto nicht existierende, illegale Briefkastenfirmen. Kriminelle Akteure melden Arbeitnehmer bei der Gebietskrankenkasse an und schicken sie auf Baustellen. Löhne, Sozialversicherungsbeiträge und Steuern werden dabei nicht korrekt bezahlt. Manchmal werden aber statt Arbeitnehmern auch EPUs ausgenutzt.

Nach getaner Arbeit, jedoch ohne korrekte Entlohnung, wenden sich die Arbeitnehmer an den Insolvenzentgeltsicherungsfonds (IEF), um ihre Ansprüche doch noch zu erhalten. Den EPUs bleibt dieser Weg versperrt. Der IEF, der aus Arbeitgeberbeiträgen gespeist wird, die wiederum von allen Arbeitnehmern erarbeitet werden müssen, bezahlt neben den Löhnen auch einen Teil der GKK-Beiträge - die Steuern aber nicht.

Diese derzeitige Praxis ist nicht nur eine Wettbewerbsverzerrung, sondern wird zunehmend aufgrund der mafiösen Strukturen zu einem gesellschaftlichen Problem und ist als solche inakzeptabel.

Falsche "Unternehmer"

Das bringt uns zur Frage: Wen wollen die Autoren vermeintlich schützen? Meist geht es um Arbeitnehmer, die unter Umgehung sämtlicher arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften auf einer Baustelle beschäftigt werden, mit dem Ziel, Kosten zu sparen. Mangels anderer Arbeitsmöglichkeit müssen sie einen Gewerbeschein lösen, um dann um zwölf Euro brutto pro Stunde auf der betreffenden Baustelle z. B. als Fassader, Baureiniger oder im Abbruch für einen Subsubunternehmer zu arbeiten, der wiederum für einen Generalunternehmer tätig ist. Diese EPUs wissen zum Teil nicht, dass sie als "Unternehmer" tätig sind, da der vereinbarte, oft nicht bezahlte, Lohn weder der Kalkulation eines Werklohns noch der eines Arbeitslohns entspricht.

Das derzeitige Konstrukt des Vergaberechts ermöglicht ein Gewirr an kriminellen Aktivitäten, die letztlich den Generalunternehmern wie auch den Subunternehmern einen ordentlichen Gewinn auf Kosten der Allgemeinheit ermöglichen. Strafrechtlich wird man der Sachlage aufgrund der Intransparenz nicht Herr. Arbeitsrechtlich hat man mit einer Art Generalunternehmerhaftung versucht, das Problem zu lösen. Das scheitert ebenfalls an der Intransparenz des Vergaberechts wie auch insgesamt an der Konstruktion der Bestimmung und ist daher völlig wirkungslos.

Effiziente Regeln

Es ist also an der Zeit, effiziente Regeln einzuführen. Fraglich ist, ob die Einführung des Bestbieterprinzips allein geeignet ist, die kriminellen Machenschaften, die sich mittlerweile in gängiger Praxis herausgebildet haben, zu unterbinden. Ich meine nein.

Notwendig ist eine Beschränkung der Subunternehmerkette, sodass alle Subunternehmer von Anbeginn hinsichtlich des gesamten Auftrags zu nennen sind, und eine Offenlegung der Subunternehmerkette gegenüber den Arbeitnehmern, um der Generalunternehmerhaftung endlich zum Durchbruch zu verhelfen.

Und zuletzt eine Verpflichtung zur lückenlosen Kontrolle durch die Auftraggeber, die Sozialversicherungsträger, die Finanz sowie die Bauarbeiter-Urlaubs- und -Abfertigungskassa (BUAK) auf den konkreten Baustellen, die allerdings mit dem derzeitigen Personal nicht zu bewältigen ist. (Julia Vazny-König, DER STANDARD, 1.12.2014)