"Presse"-Chefredakteur Rainer Nowak entschuldigt sich Montag auf diepresse.com für einen Artikel in der Sonntagsausgabe, der Formen der Gewaltanwendung als "ultima ratio" in der Kindererziehung befürwortete. Diese Aussagen ihres Außenpolitikredakteurs Wolfgang Greber - die am Wochenende für heftige Debatten auf der Webseite und etwa auf Twitter sorgten - würden nicht der Blattlinie entsprechen. Nowak distanziert sich ausdrücklich davon - und etwas später tat das auch der Autor.
"Traurige Premiere"
Wörtlich schreibt Nowak: "'Wer Strafe nicht vollzieht, wird unglaubwürdig'" von Wolfgang Greber ("Presse am Sonntag" 30. 11.), in dem Gewaltanwendung als "ultima ratio" in der Kindererziehung bezeichnet wird, entspricht weder der Blattlinie dieser Zeitung noch zeitgemäßer Pädagogik. Daher – und das ist eine traurige Premiere – distanzieren wir uns vom Inhalt dieses Artikels. Unsere interne Kontrolle hat am vergangenen Samstag versagt. Wir bedauern dies."
"Ungeschickt verfasst"
Autor Greber distanzierte sich etwas später am Montag mit einem Posting unter Nowaks Stellungnahme: "Ich möchte mich hiermit in aller Form von meinen Formulierungen im letzten Drittel meines Textes "Wer Strafe nicht vollzieht, wird unglaubwürdig" in der "Presse am Sonntag" über körperliche Gewalt als Erziehungsmittel letzter Instanz zu distanzieren. Sie sind in der Eile der Produktion ungeschickt verfasst worden und können leicht missverstanden werden. Ich halte auch im Namen meiner Frau ausdrücklich fest, dass körperliche Gewalt bei uns zuhause keinen Platz hat."
"Totale Gewaltfreiheit in der Erziehung infantil-romantisch"
Greber schrieb etwa, zunächst mit vollem Namen von Frau und Kind: "Totale Gewaltfreiheit in der Erziehung ist ein infantil-romantischer, militant-pazifistischer Irrglaube wie die Idee der Gewaltfreiheit in der Welt, da ändert auch das gesetzliche Gewaltverbot nichts. Ich habe manch gewaltfrei erzogenes Kind erlebt, sie neigen zu Rücksichtslosigkeit und verbreiten oft negative Schwingungen."
"An Stellen, die nicht zu persönlich sind"
Und: "Eine Körperstrafe muss aber, wenn überhaupt, in so seltenen wie homöopathischen Dosen sein, als Ultima Ratio und an Stellen, die nicht zu persönlich sind, so wie das Gesicht, weshalb ich die "gesunde Watsche" ablehne, ja! Okay ist Übers-Knie-Legen, das ich aber demonstrativ-inszeniert und nur mit leichtem Klopfen durchführe; es geht darum, das Kind in eine "blöde" Lage zu bringen, die nicht wehtut. Und meist müssen wir beide dann lachen."
"Ich stehe zum Ohrenzieher"
Greber: "Ich stehe zum Ohrenzieher. Wozu ich wirklich stehe, ist der Ohrenzieher als strengste Sanktion: Da wird M. nach "1, 2, 3" am Ohr gezogen. Nicht fest, aber doch. Nun, nachdem seine Trotzphase, die moderat war, vorbei ist, ist das fast nimmer nötig. Die (seltene) Androhung wirkt heute noch immer." (red, derStandard.at, 1.12.2014)