Erich Kasses beim Stand der Firma Staud am Wiener Brunnenmarkt, wo am Samstag Kasses-Brot verkauft wird.

Foto: Heribert Corn/http://www.corn.at

Was gutes Brot ist, ist extrem situationsabhängig, und jede Kultur tendiert dazu, ihr Brot ziemlich perfekt an den Rest der Speisen anzupassen. Eine gute Alpbutter macht sich besonders gut auf knusprig-dunklem Sauerteigbrot, in gutes Olivenöl dippt sich ein helles Weizenbrot am besten, Humus lässt sich mit einer Sesamflade besonders gut aufwischen, und ein indisches Curry saugt sich herrlich ins Naan. Ein Lieblingsbrot zu küren ist daher eher unmöglich – müsste ich mich dennoch für ein einziges Brot entscheiden, es wäre aber wohl die Ciabatta von Erich Kasses.

Über den Herrn Kasses war in dieser Zeitung schon recht oft zu lesen, und für mich ist er immer noch eine Klasse besser als die gesamte mir bekannte Konkurrenz. Er kultiviert nicht nur 30 verschiedene Sauerteige, er baut auch einen Teil seines Getreides selber an und vermahlt es anschließend in der hauseigenen Steinmühle.

48 Stunden Gehzeit

In seinen Ciabatta-Teig kommt neben Weizenmehl zehn Prozent Champagner-Roggen – eine besonders geschmackvolle Sorte, die dem Brot eine leicht gräuliche Farbe verleiht. Der Teig wird mit Roggensauerteig gesäuert und darf 48 Stunden gehen, die Temperatur steigt währenddessen von minus 4 auf plus 15 Grad. Jede Temperaturstufe aktiviert andere Enzyme und lässt andere Mikroorganismen florieren.

Die Ciabatta hat denn auch eine Fülle an Geschmack, die nicht viele Bäcker hellem Weizenmehl abtrotzen können, die Konsistenz trifft ganz exakt den perfekten Punkt zwischen flaumig und saftig, und wenn sie frisch ist, ist die Kruste gerade richtig resch. Jedes Mal, wenn ich sie kaufe, muss ich mich schwer zusammenreißen, sie nicht gleich beim ersten Frühstück komplett zu verspeisen.

Das Einzige, was an dem Brot auszusetzen ist, ist, dass es ziemlich oft zerfällt, wenn man es in Scheiben schneidet. Das macht aber nicht viel, für die meisten Auf- oder Einlagen ist es sowieso zu schade. Und Butter lässt sich auch auf kleine Brotstücke streichen. (Tobias Müller, derStandard.at, 1.12.2014)

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Teig mit guter Führung