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Facebook will Unternehmen dazu bringen, mehr für bezahlten Anzeigen auszugeben.

Foto: AP Photo/Paul Sakuma

Chrisy Bossie verkauft übers Internet Schmucksteine. 100.000 US-Dollar setzt sie mittlerweile pro Jahr um. Ihren Erfolg verdankt sie auch Facebook. Mehrmals pro Woche teilt sie dort Informationen über ihre Produkte auf dem eigens angelegten Firmenprofil.

"Massenhaft neue Halsbänder! Die meisten nur 15 Dollar teuer. Erhältlich in Amethyst, Lapislazuli, Turmalin, Türkis… Kauft sie alle!", schrieb sie kürzlich in einem Beitrag auf der Facebook-Seite von Earthegy, ihrem vier Jahre alten Geschäft, das sie von Kents Store in Virginia aus führt. Bossie fügte auch Bilder und Links zu den Produkten hinzu, in der Hoffnung, dass einige ihrer rund 70.000 Facebook-Fans den Beitrag mit ihren Freunden teilen würden.

Umstellung im Jänner

Kleinunternehmer wie Bossie dürften allerdings schon bald immer weniger von den unbezahlten Marketing-Beiträgen auf Facebook profitieren. Denn ab Januar will das soziale Netzwerk solches Promotionsmaterial noch stärker aus den Newsfeeds der Nutzer herausfiltern. Bislang tauchten diese Einträge dort zwischen all den Status-Updates von Freunden und Familienmitgliedern auf.

Die Änderung dürfte es Unternehmern wie Bossie schwer machen, mit ihrer Facebook-Seite Fans zu erreichen - zumindest mit Postings, für die sie nicht bezahlt haben. Firmen, die kostenlose Werbeaktionen posten oder Inhalte von bestehenden Anzeigen erneut verwenden, werden "einen deutlichen Rückgang bei der Verbreitung" bemerken, schrieb Facebook vor kurzem, als man die Änderungen ankündigte.

Für Bossie bedeutet das, dass "ich kaum noch jemanden erreiche, wenn ich nicht zahle, um meine Beiträge zu bewerben". Sie schätzt, dass mehr als die Hälfte ihrer Verkäufe über Facebook-Beiträge zustande kommen.

Mehr als 80 Prozent der kleineren Unternehmen, die auf soziale Netzwerke setzen, um ihr Geschäft zu bewerben, geben Facebook als ihr vorrangiges Marketing-Tool an. Auf den Plätzen folgen Linkedin und Twitter. Das hat eine Umfrage unter 2.292 kleinen Firmen durch Webs ergeben, einen digitalen Ableger von Vistaprint. Als die drei Hauptgründe für die Erstellung einer Facebook-Seite nannten die Firmengründer laut der Umfrage Kundengewinnung, den Aufbau eines Netzwerkes und eine Steigerung des Markenbewusstseins.

Facebooks Vice President für Kleinunternehmen, Dan Levy, sagt, dass die Bezahloptionen in der Vergangenheit effektiver geworden sind und dass Firmen die Plattform als ein Werkzeug ansehen sollten, um "ihnen dabei zu helfen, ihr Geschäft zu vergrößern und nicht als Nischenlösung, um die Reichweite auszubauen oder einen Beitrag viral zu machen".

Er sagt, dass er nachvollziehen könne, dass einige Unternehmer damit Probleme haben und fügt hinzu, dass organische Reichweite nur einer von mehreren Vorteilen sei, die eine Facebook-Präsenz mit sich bringe. Im vergangenen Monat gab es mehr als eine Milliarde Visits, die direkt auf Facebook-Seiten gingen. "Eine Anlaufstelle zu haben, über die man gefunden werden kann, ist auch heute noch viel wert", sagt Levy. "Wir wollen nicht, dass sie uns ihr Geld geben, es sei denn, es hilft ihnen, ihr Geschäft zu vergrößern."

Facebooks Offensive in Richtung bezahlter Werbung dürfte das "schon jetzt angespannte Verhältnis zwischen kleineren Unternehmen und sozialen Plattformen bezüglich der Eigentumsrechte an den Zielgruppen" weiter verschärfen, sagt Steven Jacobs von Street Fight, eine Medien- und Eventfirma aus Colorado. Lange waren die Unternehmen Herr über ihre Kundenbeziehungen – sei es durch E-Mails oder eigene Marketing-Kanäle. Häufig wurden sie aber auch über Werbung in Zeitschriften, Fernsehen und anderen traditionellen Medien eingekauft. "Yelp und nun auch Facebook versuchen ein drittes Modell zu festigen", sagt Jacobs. "Sie vermieten. Ein Unternehmen kann eine Community aufbauen – es wird aber nie der Eigentümer darüber sein."

Facebook bietet auch "Promoted Posts" an. Unternehmen können zwischen 5 und einigen tausend Dollar zahlen, damit die Beiträge ihrer Seiten einem größeren Publikum angezeigt werden.

Bossie will mehr Geld in Facebook-Anzeigen stecken

Bossie hat beides ausprobiert - "bezahlte" und "unbezahlte" Facebook-Posts -, um Werbung für ihr Geschäft zu machen. Sie sagt, dass kostenlose Beiträge immer weniger Reichweite hätten und von anderen Inhalten verdrängt würden. Sie rechnet damit, im kommenden Jahr 1.500 Dollar pro Monat für Facebook-Werbung ausgeben zu müssen, 300 Dollar mehr als noch in diesem Jahr. Drei Viertel ihrer Ausgaben sollen in "Promoted Posts" fließen.

Einige Kleinunternehmen berichten, dass sie Facebook als "kostenpflichtigen Marketing-Kanal" für ihre Firmen akzeptiert hätten.

Blake Jamieson ist Marketing Director bei Pool Supply World in Phoenix, Arizona. Die Facebook-Posts des Händlers generieren seinen Angaben zufolge derzeit Durchschnittsverkäufe "im einstelligen Bereich". 2012 seien es pro Beitrag noch 10 bis 15 Stück gewesen. Mit Bildern von Wasserparks und tropischen Ressorts hat der Verkäufer von Chlor, Pumpen und Filtern für Swimmingpools mehr als 100.000 "Likes" oder Fans für seine Firmenseite auf Facebook gesammelt. Jamieson hat aber kein Problem damit, für Werbung auf Facebook zu bezahlen. Schließlich würde jede Kampagne "Geld kosten, um die gewünschte Reichweite zu erreichen".

Marken erreichen nur zwei Prozent ihrer Fans

Analysten von Forrester Research haben am Montag einen Bericht veröffentlicht, wonach die Beiträge von bekannten Marken lediglich etwa zwei Prozent ihrer Fans und Follower erreichen. Im Schnitt würden weniger als 0,1 Prozent anschließend auch darauf reagieren. Auf die Verbreitung von Beiträgen kleinerer Unternehmen sind die Forscher nicht speziell eingegangen.

Todd Bairstow arbeitet bei der Online-Marketingfirma Keyword Connects. Er sagt, dass die Strategie, zunächst mit kostenlosen Beiträgen auf Fan- und Like-Suche zu gehen, um diese später durch Zahlung zu pushen "für die meisten, die wir kennen, nicht funktioniert hat". Bairstow repräsentiert etwa 350 kleinere Firmen. Er erklärt, dass sich die Werbemöglichkeiten auf Facebook in den vergangenen Jahren verbessert hätten. Allerdings sei dies "auf Kosten der kleineren Unternehmen" gegangen, die "eine Menge Zeit darein investiert haben, sich mit ihren Kunden auszutauschen", in dem sie regelmäßig Status-Updates und andere Nachrichten auf den Firmenseiten verfasst hätten. (Angus Loten, Adam Janofsky, Reed Albergotti/wsj.de, derStandard.at, 2.12.2014)