Linz - Die Klage eines Anrainers gegen die nächtlichen Glockenschläge des Linzer Mariendoms wird Ende Februar bzw. Anfang März vor Gericht verhandelt. Das teilte Anwalt Wolfgang List am Dienstag der APA mit. Er rechnet sich gute Chancen aus: "Das Grundrecht von Leben und Gesundheit steht über allem." In anderen Städten sei es nicht üblich, dass es in der Nacht läutet, betonte List.

Die Glocken würden seinem Mandanten nicht nur den Schlaf rauben, es komme auch zu einer Gesundheitsgefährdung, berichtete der Anwalt: Privat beauftragte Lärmmessungen hätten gezeigt, dass von Montag bis Samstag täglich insgesamt rund eine Stunde geläutet wird, am Sonntag sogar eineinhalb Stunden - mit einer Lautstärke von bis zu 77 Dezibel. Mehrere Gespräche, an denen auch andere Anrainer beteiligt waren, verliefen ohne Ergebnis. Daher entschloss man sich zu der Klage gegen die Pfarre.

Diözese: "Akustisches Stadtbild"

Die Argumente der Diözese - unter anderem, dass es sich um "eine gewachsene Tradition mit eigenständiger und kultureller und religiöser Bedeutung" handle, die seit 112 Jahren zum "akustischen Stadtbild" gehöre - will List nicht gelten lassen. Es werde nicht bestritten, dass zu gewissen Feierlichkeiten nächtliche Glockenschläge gehören, es sei aber unüblich, dass jede Nacht geläutet wird.

Die Behauptung, dass die Geräuscheinwirkungen seit mehr als 100 Jahren in gleicher Weise stattfänden, bezeichnete er als unrichtig: Die sogenannte Läutordnung sei erst 2009 geändert worden, so der Anwalt, der sich auch daran stößt, dass die Pfarre die Glockenschläge mit dem gleichbleibenden Geräusch vergleicht, das ein Bach erzeugt.

"Nachtruhe" des Stephansdomes

Er verwies darauf, dass der Wiener Stephansdom nachts nicht läute. Das sei "undenkbar", da man auf die Nachbarn Rücksicht nehmen müsse, berichtete List von einem Gespräch mit dem zuständigen Bauamt. Für die Verhandlung hat er einen medizinischen Sachverständigen und mehrere Zeugen geladen. Einer von ihnen sei nach einem Motorradunfall in der Intensivstation eines nicht weit entfernten Krankenhauses gelegen und habe trotz starker Medikation wegen der Glockenschläge nicht schlafen können.

Die Klage zielt darauf ab, dass die Pfarre künftig von 22.00 bis 6.00 Uhr sämtliches Glocken- und Turmuhrläuten unterlassen muss - mit Ausnahme besonderer Feiertage. (APA, frei, derStandard.at, 2.12.2014)