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Francesco Schettino erschien mit Sonnenbrille aber halbstündiger Verspätung vor Gericht.

Foto: AP/ Giacomo

Grosseto/Rom - Es war der große Tag des Francesco Schettino: Fast drei Jahre nach der Havarie des Kreuzfahrtschiffs Costa Concordia vor der toskanischen Insel Giglio ist am Strafprozess von Grosseto am Dienstag endlich auch der Kapitän zu den Ereignissen in der Unglücksnacht vom 13. Jänner 2012 befragt worden.

Der 54-jährige Angeklagte erschien in dem zu einem Gerichtssaal umfunktionierten Teatro Moderno von Grosseto in einem grauen Anzug und trug eine seiner unverzichtbaren Sonnenbrillen.

Gleich zu Beginn der Befragung hat "Kapitän Feigling", wie Schettino in den Medien genannt wird, seine Kursänderung in Richtung der Felsenküste von Giglio gerechtfertigt. Mit der "Verbeugung" - also der Annäherung des Riesenschiffs bis auf wenige Meter an die Insel - habe er "drei Fliegen auf einen Streich" schlagen wollen.

Passagiere mögen spektakulär nahe Vorbeifahrten

Erstens wollte er einem befreundeten Kapitän auf Giglio die Ehre erweisen. Zweitens habe sich auch der Küchenchef des Schiffs über das Manöver gefreut. Und drittens habe es sich auch "um eine kommerzielle Frage" gehandelt: Die Passagiere und die Leute auf dem Land mögen laut Schettino diese spektakulären nahen Vorbeifahrten.

Der Kapitän betonte, dass die Praxis der "Verbeugungen" üblich gewesen sei und dass er sich deshalb auch nicht verpflichtet gefühlt habe, die Eignerin Costa Crociere über die Kursänderung zu informieren. Er habe das Manöver nicht durchgeführt, um vor der moldauischen Tänzerin Domnica Cemortan anzugeben, führte Schettino weiter aus; gleichzeitig bestätigte er, dass sich seine damalige Geliebte zur Zeit der Kollision auf der Kommandobrücke befunden habe.

Zur Kollision mit der Klippe, welche die Costa Concordia unterhalb der Wasserlinie auf einer Länge von 70 Metern aufgeschlitzt hatte, wiederholte Schettino in groben Umrissen das, was er nach der Havarie schon dem Staatsanwalt und in Interviews erzählt hatte: Schuld an dem Zusammenstoß waren die anderen, insbesondere seine Offiziere und der indonesische Steuermann, der weder Italienisch noch Englisch verstanden und sein in letzter Sekunde befohlenes Ausweichmanöver nicht korrekt ausgeführt habe.

Die Einvernahme Schettinos erwies sich als anspruchsvoll: Immer wieder fiel Schettino dem Richter und dem Staatsanwalt ins Wort, während es andererseits fast unmöglich war, die wort- und gestenreichen Ausführungen des Angeklagten zu unterbrechen. Die Befragung soll am Mittwoch weitergeführt werden, das Urteil wird im Jänner erwartet.

Der Kapitän muss sich wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung, Verursachen eines Schiffbruchs und vorzeitigen Verlassens des Schiffs verantworten; ihm droht eine langjährige Gefängnisstrafe. Schettino ist der einzige Angeklagte im Zusammenhang mit der Havarie; vier Offiziere sowie der Chef des Costa-Krisenstabs hatten sich mit der Staatsanwaltschaft im Sommer 2013 außergerichtlich geeinigt. (Dominik Straub, DER STANDARD, 3.12.2014)