Wien - Die Komödie Die Rächer entstand in einer Zeit, als das Theater noch mit öffentlichen Hinrichtungen und Tierhatzen zu konkurrieren hatte (London, 1607). Umso mehr war es den Autoren anempfohlen, in den Bluttopf zu greifen und es ordentlich spritzen zu lassen. Es ist also gar nicht verkehrt, wenn das Theater Scala The Revenger's Tragedy als "Pulp Fiction der Shakespeare-Zeit" ankündigt.

Roter Saft rinnt den mit wahnwitziger Fahrlässigkeit um den Herzogsthron kämpfenden Männern dann auch in immer kürzer werdenden Abständen aus den Mundwinkeln. Des jüngsten Sohnes Kopf wird wie der letzte traurige Krauthappel vom Herbstfeld im Holzkübel vorgeführt. Die Tonart ist von blutrünstiger Heiterkeit, und für die saftige Übersetzung der sowohl Cyril Tournier als auch (und immer mehr) Thomas Middleton zugeschriebenen Rächerkomödie hat H. C. Artmann gesorgt. Man vernimmt jede Menge Unterleibsmetaphern, denn um die Liebe geht es natürlich auch:

Die Fürstin (Selina Ströbele) betrügt den alten Fürsten (Franz R. Ceeh), dieser "reitet" gelegentlich selbst heimlich "aus", dessen älterer Sohn (Florian Lebek) begehrt die tugendhafte Castizia, der jüngere Sohn hat eine Verheiratete geschändet. Und auch sonst wirkt in Bruno Max' Inszenierung vor rohen, hoch aufragenden Palastwänden alles ein wenig wie ein Gruselkabinett. "Theater zum Fürchten" eben.

Dem ruchlosen Treiben geht auch Vindice nach (Florian Graf im Jack-Sparrow-Outfit), der den Mord an seiner Braut rächen will. Komme, was wolle. Und es kommen eben viele Leiber den gezückten Dolchen entgegen. Mit Achtung vor der Sprache und schönen expressionistischen Gesten reiht sich der Abend in Bruno Max' vorzügliche Serie britischer Dramatikerpflege ein. (afze, DER STANDARD, 3.12.2014)