Betroffene des indischen Atomprogramms berichten im Film "Nuclear Lies" über ihren Widerstand.

Foto: Amirthraj Stephen

Wien/Neu-Delhi - "Wir brauchen das Meer, um zu überleben. Das Meer gibt uns zu essen", klagt eine Betroffene. Sie ist eine der 10.000 Menschen, die im 30-Kilometer-Radius rund um die Atomanlage Koodankulam an der Südspitze Indiens leben. Gegen dieses derzeit größte AKW Indiens wurde erbitterter Widerstand geleistet - vor allem seit 2004, als allen hier bereits sieben Jahre vor Fukushima klar wurde, welche dramatische Gefahr ihnen droht: Ein Tsunami zerstörte die umliegenden Dörfer und überschwemmte die Reaktorbaustelle.

Der Film Nuclear Lies des in Wien lebenden Inders Praved Krishnapilla dokumentiert den erbitterten Widerstand gegen das indische Atomprogramm, aber auch die gnadenlose Unterdrückung von Aufklärung und Protesten. "Ich habe meiner Kleinen gesagt: Entweder geht deine Mutter ins Gefängnis - oder sie stirbt im Protest. Du musst jetzt stark sein", berichtet etwa eine Mutter. Tausende Menschen seien im Zuge der Niederschlagung der Proteste angeklagt worden - darunter auch Kleinkinder, berichtet eine weitere Betroffene. Insgesamt 500 Tage lang hielt die Protestbewegung gegen die Koodankulam-Meiler an und verzögerte den Baufortschritt.

50 Interviews

50 Interviews hat Krishnapilla seit 2013 im Umfeld indischer Atomanlagen geführt. Und er zeigt auch das Ausmaß des indischen Programms auf: Der Bau von weiteren 40 Anlagen ist noch in Planung - der Regisseur besuchte neben Koodankulam auch eine Uranmine und das derzeit größte Nuklearprojekt der Welt in Jaitapur an der Westküste Indiens.

Für diese Entwicklung sei die westliche Welt durchaus mit verantwortlich, betont Freda Meissner-Blau, die Galionsfigur der österreichischen Ökologiebewegung: "Weil die Atomlobby bei uns nicht mehr ankommt, geht sie in die Schwellenländer."

Vorpremiere im Burgkino

Der Dokumentarfilm wurde mit Unterstützung von ihr, dem Neongreen Network und zahlreichen weiteren Helfern verwirklicht - und vom Waldviertler Energiestammtisch vorfinanziert. Die Crowdfunding-Aktion läuft weiter. Die Vorpremiere findet am Sonntag, 7. Dezember, 16.30 Uhr im Wiener Burgkino statt. Weitere Vorführungen sind für Anfang 2015 geplant. (Roman David-Freihsl, DER STANDARD, 4.12.2014)