In britischen Kinos macht derzeit ein Kriegsfilm Furore. Kajaki beschreibt anhand eines wirklichen Ereignisses am Kajaki-Damm in Helmand, wie eine Patrouille der britischen Armee ahnungslos in ein Minenfeld aus der Zeit der sowjetischen Besetzung gerät. Der Streifen dient als Parabel dafür, wie schlecht vorbereitet die britische Armee 2006 in die afghanische Südprovinz stolperte. "Wir verbrachten die ganze Zeit nur damit, am Leben zu bleiben", berichtet Hugo Farmer vom legendären Fallschirmjäger-Regiment 3 Para.

Acht Jahre später ist der Abzug der meisten westlichen Truppen aus dem Land am Hindukusch minutiös vorbereitet worden. Bei einer eintägigen Konferenz in London geht es an diesem Donnerstag um die Zukunft des Landes, das gerade den ersten friedlichen Machtwechsel seit Jahrzehnten hinter sich gebracht hat. Der neue Präsident Ashraf Ghani wirbt beim britischen Premier David Cameron, bei US-Außenminister John Kerry, dem pakistanischen Regierungschef Nawaz Sharif und Delegierten aus mehreren Dutzend Ländern um Geld und Hilfe. Nur so kann weitergehen, was Ghani abends in einer Rede vor dem Thinktank Chatham House beschreiben wird: "Wie man Staatenruinen renoviert - von der Theorie zur Praxis".

Der als integer geltende Ghani muss erläutern, wie er der verbreiteten Korruption in seinem Land beikommen will. Zur weiteren militärischen Zusammenarbeit hat Ghani ein Abkommen mit den USA unterzeichnet, "die Basis für weitere westliche Militär- und Entwicklungshilfe", wie der frühere stellvertretende Uno-Chef in Kabul, Michael Keating, erläutert. Die Zukunft der 30 Millionen Afghanen hängt aber vor allem von der Robustheit der neuen Regierung ab. Ghanis Vision baue auf Afghanistans "reichhaltige menschliche und natürliche Ressourcen, seine geografische Lage und Respekt für den Rechtsstaat", analysiert Keating.

Die Geberstaaten werden es mit Wohlwollen hören: Hauptsache, sie müssen nicht wieder Kampftruppen hinschicken. Das US-Engagement wird nach dem Rückzug Chuck Hagels unter einem neuen Pentagon-Chef laufen: Dass das der parteilose Technokrat Ashton Carter sein wird, wurde zuletzt vom Weißen Haus nicht mehr dementiert. (Sebastian Borger, DER STANDARD, 4.12.2014)