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Onlinehändler Rakuten

reuters

Wien - Die Internetgiganten befinden sich auf dem Vormarsch - und scheinen nicht zu stoppen. Nunmehr bieten Internetfirmen zunehmend auch Bank- oder banknahe Dienstleistungen an. Große Internetfirmen beantragen Banklizenzen, um ihren Kunden nicht nur das Produkt, sondern auch die zugehörige Finanzierung "verkaufen" zu können.

Lässt es das anwendbare Bankaufsichtsrecht zu, wird zur Vermeidung der Kosten der Aufsicht ohne Lizenz vorgegangen. Zahlungsvorgänge im Internet setzten bislang zumeist auf der IT-Infrastruktur von Banken oder Kreditkartengesellschaften auf. Wenn es nach den Internetgiganten geht, soll sich dies zukünftig ändern - sofern der Regulator mitspielt. Man arbeitet an IT-Lösungen, die Zahlungen im Internet direkt, also ohne bankbasierte Kontoverbindung erlauben. Die Geldwäsche- und sonstigen Compliance-Themen, die das aufwirft, sind evident.

Bezahldienste sollen günstiger werden

Das Ziel ist klar: Die eigenen Bezahldienste sollen günstiger werden als jene von Kreditkartengesellschaften. Bekannt ist etwa der japanische Onlinehändler Rakuten: Dort stehen die Finanzdienstleistungen angeblich für die schwindelerregende Hälfte (!) des Jahresergebnisses. Neben dem nachhaltigen Volumen der Bezahlvorgänge verfügen IT-Unternehmen aber über einen zweiten wesentlichen Hebel: Die gesammelten Daten werden zu Marketing- und Vertriebszwecken genutzt und bieten wertvolle Aufschlüsse über das Kundenverhalten - digitale Werbung kann damit wesentlich treffsicherer platziert und teurer verkauft werden. Auch ein Weiterverkauf der Daten an Dritte wird mitunter nicht auszuschließen sein.

Aber nicht nur die Banken fürchten den Vorstoß der IT-Unternehmen. Auch die klassischen Händler sehen die Gefahr, in die Abhängigkeit von IT-Unternehmen zu geraten. Deshalb plant etwa Walmart mit anderen großen Retail-Unternehmen in den USA ein berührungsloses Zahlsystem. Es steht mit den Handy-basierten Zahlsystemen der Internet-Giganten im Wettbewerb. Derartige Konflikte - in denen klassische Banken bzw. Kartengesellschaften meist nicht einmal Erwähnung finden - sind symptomatisch. Einerseits wirft der defensive Zusammenschluss von Handelsunternehmen zur Implementierung gemeinsamer Zahlplattformen kartellrechtliche Fragen auf, überdies läuft das Bezahlsystem der Händler noch nicht. Man darf gespannt sein, wie die Auseinandersetzung ausgeht, zumal die Kriegskassen beider Kontrahenten entsprechend gefüllt sind. Ob und inwieweit ein derartiger Ansatz in Europa die Mitwirkung von Banken notwendig machen würde, lässt sich derzeit nicht abschließend sagen. Zumindest als Dienstleister im regulierten Bereich scheinen sie derzeit nicht ersetzbar.

Wertvolle "Datenspur"

Eines wird jedenfalls deutlich: Der Wert der "Datenspur", den jeder Zahlende hinterlässt, kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Wie das oben genannte Match ausgeht, ist offen. Für Banken kann sich hier die Möglichkeit ergeben, sich etwa als Nischenanbieter von Compliance-Dienstleistungen eine Einnahmequelle zu erschließen. Im datenschutzrechtlich konservativen Europa punkten die Kreditinstitute bei dem Verteilungskampf vorläufig damit, dass sie beim Vertrauen auf Datensicherheit und Datenschutz beim Kunden noch die Nase vorn haben - verlieren die Banken aber diesen Vorsprung, sehen ihre Chancen schlecht aus. Mittelfristig ist eine Symbiose die wahrscheinlichste Lösung: hier Technik und Marktzugang, dort Support bei regulatorischen Anforderungen. Wie diese Symbiose aber im Einzelnen aussehen wird, lässt sich derzeit noch überhaupt nicht sagen. (Georg Diwok, Lukas Feiler, DER STANDARD, 4.12.2014)