Marseille - Die Zahl der Obdachlosen in Marseille, der zweitgrößten Stadt Frankreichs, steigt. Im Rathaus wurden daher Schritte besprochen, um ihnen gerade im Winter besser helfen zu können. Als Lösung wurde ein Ausweis vorgeschlagen, den die Betroffenen gut sichtbar tragen sollen: entweder um den Hals oder am Rucksack befestigt. Die Idee wurde rasch umgesetzt. Die Karte enthält wichtige Informationen, die in Krankenhäusern oder in Noteinrichtungen benötigt werden.

Die Reaktion anderer Hilfsorganisationen auf das Projekt ist jedoch nicht Lob, sondern Empörung. Denn auf der Vorderseite der bereits 300 verteilten Ausweise ist ein großes gelbes Dreieck abgebildet. Kritiker zeigen sich schockiert, dass die Stadtbehörden nicht die historische Analogie zum gelben Davidstern erkannt haben, den die Juden auch in Frankreich während der Besetzung durch die Nazis tragen mussten.

Stigmatisierung

Zudem seien die Menschen dadurch auch für Passanten sofort als obdachlos erkennbar. Die französische Menschenrechtsliga befürchtet, dass diese nun noch mehr isoliert und diskriminiert werden. Das Rote Kreuz bezeichnet die Aktion ebenfalls als "problematisch". Bei "Secours populaire" wurde das Recht auf Anonymität, auch für Hilfsbedürftige, betont.

Der für die Aktion zuständige Vizebürgermeister Xavier Méry bezeichnete in einer Reaktion die Kritik als "absurde Polemik". (jus, DER STANDARD, 5.12.2014)