Pilzinfektionen führen oft zu lebensbedrohlichen Entzündungsreaktionen mit hohen Sterblichkeitsraten. Forscher der MedUni Wien haben nun ein Signalmolekül entdeckt, das die Entstehung entzündlicher Immunreaktionen - bis hin zur Sepsis - reguliert. Die Entdeckung dieses "Starters" habe hohes Potenzial für die Entwicklung neuer antifungaler Medikamente, teilte die Universität am Freitag mit.

Überschießende Immunantwort

Infektionen mit invasiven pathogenen Pilzen stellen Kliniker weltweit vor enorme Herausforderungen. Diese Infektionen fordern zahlreiche Todesopfer und verursachen medizinische Gesamtkosten in dreistelliger Milliardenhöhe. Das Heimtückische an Pilzinfektionen ist jedoch, dass oft nicht der Pilzerreger selbst zum Tod führt, sondern die überschießende entzündliche Immunantwort (Sepsis) der betroffenen Patienten. Die molekulare Entschlüsselung der Mechanismen, die zu diesen Entzündungsreaktionen führen, sind daher essenziell, um effizientere antifungale Therapien entwickeln zu können.

Die gemeinsame Arbeitsgruppe von Uni Wien und MedUni Wien hat nun ein Signalmolekül entdeckt, das massiv die Entwicklung der lebensbedrohlichen entzündlichen Sepsis reguliert. Diese Arbeit legt auch die Grundlage für eine neue Behandlungsmethode: Die pharmakologische Blockade dieses Signalmoleküls bewirkt bei invasiven Pilzinfektionen in einem Tiermodell eine massive Reduktion der Entzündung und Sepsis und ermöglicht es dem Immunsystem, die Infektion zu neutralisieren.

"Wir konnten erstmals zeigen, dass dieses intrazelluläre Molekül an der Regulierung der Entzündungsreaktion im Wirt beteiligt ist. Man vermutete schon lange, dass dieses Signalmolekül im Immunsystem eine Rolle spielen muss, da es in nahezu jeder Zelle des Immunsystems vorkommt", erläutert Kuchler. "Wir waren selber erstaunt, dass dieses Molekül als ein Relais wirkt und die Entzündungsreaktionen bei invasiven Pilzinfektionen über dieses Molekül gestartet wird."

Sterblichkeit reduzieren

In der Studie, die im Fachjournal "PloS Pathogens" publiziert wurde, konnten die Autoren zeigen, dass das Signalmolekül, ein Mitglied der sogenannten Familie der Tec Kinasen, die Aktivierung eines erst kürzlich entdeckten Multiprotein-Komplexes (Inflammasome) reguliert.

Das Inflammasome ist einer der wichtigsten molekularen "Schalter" der entzündlichen Immunantwort. Außerdem entschlüsselten die Wissenschafter den Signalweg, in dem der Signalüberträger wirkt. Durch ein Medikament, das die Kinase chemisch blockiert, konnte die Sepsis in einem Mausmodell dramatisch reduziert werden. Somit gelang es laut MedUni erstmals, die hohe Sterblichkeitsrate von invasiven Pilzinfektionen zu reduzieren.

Positive Ergebnisse

"Der chemische Inhibitor des Signalüberträgers ist nicht ganz unbekannt, da er bereits für die Therapie maligner Erkrankungen in klinischen Phasen getestet wird und unmittelbar vor der Zulassung steht", erklärte Florian Zwolanek von den Max F. Perutz Laboratories sowie der Abteilung für Molekulare Genetik der MedUni Wien und Erstautor der Studie. "Die bisherigen Studienergebnisse waren bereits sehr positiv. Dass die Wirkung dieser Substanz jedoch auch bei Infektionskrankheiten eine so erfreuliche sein würde, hätten selbst wir nicht erwartet."

Diese Ergebnisse könnten die Suche nach neuen und effizienten Therapien bei invasiven Infektionskrankheiten erleichtern. Die Entdeckung könnte auch einen Paradigmenwechsel in der Behandlung von mikrobiellen Infektionskrankheiten einleiten. Klinische antifungale Therapien könnten statt - wie bisher üblich - den Pilzerreger selbst vor allem die überschießende entzündliche Immunantwort der PatientInnen regulieren. Somit kann die sogenannte unkontrollierte Immunreaktion (Sepsis) stark verzögert oder gar verhindert werden. (red, derStandard.at, 5.12.2014)