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Innenministerin Johanna Mikl-Leitner.

Foto: APA/Schlager

Unter Zuhilfenahme der Polizei hat die "Kronen Zeitung" voriges Wochenende zu einem generalstabsmäßig organisierten Schlag gegen radikale Islamisten ausgeholt. Wie stets und überall, wo das Blatt hinlangt, ging es dabei ohne Milde zu und ohne die Bildung der einheimischen Bevölkerung zu vernachlässigen: Die Operation Palmyra (benannt nach einer antiken Oasenstadt in Syrien) traf die Radikalen mit voller Härte. Auf den Spuren von sieben "Krone"-Mitarbeitern schlugen noch mehr als 900 Beamte in Wien, Graz und Linz zu, wobei für dieselben 29 mutmaßliche Terrorkrieger sowie einige verschwommene Erinnerungsfotos von ihrem Einsatz abfielen. Der mediale Einsatz war laut der Innenministerin "ein bemerkenswerter Erfolg", vor allem für das Blatt, weil auch die erklärte Zielperson Nummer 1, der 33-jährige Hassprediger Mirsad O. alias Ebu Tejma, ins Netz ging.

Und das deshalb, weil Mirsad O. dem "Krone"-Ideal eines Hasspredigers vollkommen entspricht. Teures Auto, schmucke 105-Quadratmeter-Gemeindewohnung, eine hochschwangere Frau, fünf Kinder und daher kein Wunder: dem Sozialhilfeempfänger fehlt es in Wien an nichts. Auch er lässt es daher an teuflischem Raffinement nicht fehlen, wie ein Nachbar bestätigte: "Er ist nicht unangenehm aufgefallen. Dennoch habe ich mir gedacht, er könnte einer von denen sein." Und eine Gastronomin ergänzte: "Seine Kinder haben bei mir im Geschäft oft Zuckerln gekauft. Er spricht gepflegtes Deutsch, seine Frau trägt einen Ganzkörper-Schleier."

Und so stand der europaweit bekannte Hassprediger ganz oben auf der Liste der Ermittler. Doch Freitag, kurz vor vier Uhr Früh, herrschte an seiner Wohnadresse in Wien-Donaustadt noch gespenstische Stille - einzig der raue Wind peitschte durch die Wohnanlage. Bei diesem Wetter wollte man keinen "Krone"-Mitarbeiter aus dem Bett und schon gar nicht nach Wien-Donaustadt jagen, aber die schonen sich bekanntlich nicht, wenn es die Sicherheit der Nation gilt.

Nichts, absolut gar nichts deutete darauf hin, dass ein minutiös geplanter Großschlag der "Kronen Zeitung" bevorstand. Ein Glück, dass die Polizei davon gerade noch den Wind bekam, der durch die Wohnanlage peitschte. Keine Streifenwagen, kein Blaulicht, keine Sirenen sollten die "Krone"-Cobras verraten. Dann wie aus dem Nichts waren sie plötzlich da, schließlich kann man die maskierten Männer der Spezialeinheit Cobra nicht ohne Aufsicht werken lassen. Sie stürmten in eines der unzähligen Stiegenhäuser und rissen "Zielperson Nummer 1" mehr als unsanft aus dem Schlaf. Und man weiß, was mehr als unsanft zu bedeuten hat.

Sich dem rauen Wind, der durch die Wohnanlage peitschte, auszusetzen, überließ Michael Jeannée seinen Kollegen, aber seinen Senf musste er ihrer Arbeit hinzufügen. Wenn 's nicht so verflucht bitterernst wäre - man könnte aus vollem Halse lachen ob der Absurdität, des abwegigen Irrwitzes nebenstehender Story, die dem Problemfass Migration den Boden ausschlägt. Wo er recht hat, hat er recht. Wäre es nicht so verflucht bitterernst, dass die Polizei mit der "Krone" als journalistischer Verwalterin hiesiger Ausländerfeindlichkeit zu solchen Einsätzen ausrückt, man könnte aus vollem Halse lachen ob der Absurdität, des abwegigen Irrwitzes einer derartigen Auffassung von human geprägter und sauber geleiteter Öffentlichkeitsarbeit.

Es ist doch schön, wenn man von richtiger Seite gelobt wird. Ausdrücklich, so Jeannée, möchte ich an dieser Stelle den Ermittlern, deren Stress infolge diverser pro-islamischer Kolumnen, Kommentare, Reportagen und Recherchen gewisser Medien nicht zu unterschätzen ist, meine Hochachtung für ihre ausgezeichnete Arbeit aussprechen. Polizisten, die unter dem Stress diverser pro-islamischer Kolumnen leiden, garantiert die "Kronen Zeitung" Erholung in ihren Kolumnen. Sie dürfen sogar an der Seite von "Krone"-Mitarbeitern auf Streife gehen - bis zur vollständigen Genesung. Auch diesen hätte Jeannée übrigens ruhig seine Hochachtung aussprechen können.

Dass Innenministerin Mikl-Leitner am Morgen nach der Großrazzia über eine Doppelseite hinweg auftreten durfte, gehörte mit zum Gesamtpaket. Dabei gestand sie, zur Zeit des Großschlages um vier Uhr früh im Bett gewesen zu sein. Um in Gedanken bei meinen Leuten zu sein, dafür brauche ich keinen Wecker.

Wozu auch, sie weiß, wenn die "Krone" dabei ist, muss sie sich keine Sorgen machen. (Günter Traxler, DER STANDARD, 6./7./8.12.2014)