Bern - Ab Mitte Dezember verlangt die EU auf allen abgepackten Lebensmitteln eine Adresse in der Europäischen Union. Schweizer Unternehmen werden so verpflichtet, eine Tochtergesellschaft in der EU zu gründen. Noch sind viele Details ungeklärt. Die Schweizer Regierung sucht bisher erfolglos nach einer pragmatischen Lösung, um den Aufwand für Firmen zu verringern.

Der Schritt der EU geschieht im Namen des Konsumentenschutzes. Künftig müssen alle abgepackten Lebensmittel mit einer Adresse des Produzenten oder Verkäufers innerhalb der EU versehen sein. So will es die neue Verordnung, die am 13. Dezember in Kraft tritt.

Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) bemüht sich um eine Lösung. Die Schweiz stehe in Kontakt mit der EU-Kommission, um eine Einigung zu finden, erklärt ein Seco-Vertreter gegenüber der Nachrichtenagentur sda. Im Wesentlichen gehe es darum, negative Auswirkungen für Schweizer Exporte zu vermeiden.

Übergangslösung

Allerdings stellt sich die EU auf den Standpunkt, dass die Gleichwertigkeit einer Schweizer Adresse nur im Rahmen eines umfassenden Abkommens im Lebensmittelbereich anerkannt werden kann. Eine vertragliche Lösung liegt in weiter Ferne. Da die Zeit drängt, strebt die Schweiz deshalb nach einer Übergangslösung. Dies setze aber den guten Willen der EU voraus, betont das Seco.

Obwohl die Verordnung schon am kommenden Samstag in Kraft tritt, ist die konkrete Umsetzung nach wie vor offen. Die Rechtsunsicherheit sei groß, bestätigt Lorenz Hirt von der Föderation der Schweizerischen Nahrungsmittel-Industrien (fial). "Unternehmen wissen nicht, ob sie abwarten oder tätig werden sollen."

Konkret gibt es zwei Möglichkeiten, um die EU-Vorgabe zu erfüllen. Schweizer Firmen können mit einem Dienstleister innerhalb der EU zusammenarbeiten oder eine EU-Tochtergesellschaft gründen. Die fial bezeichnet nur letztere als rechtlich "wasserdicht". Hirt schätzt die Kosten in diesem Fall auf einige tausend Franken.

Unternehmen im Nachteil

Setzt die EU die Verordnung konsequent um, dürfte es für fehlbare Unternehmen unangenehm werden. Neben strafrechtlichen Konsequenzen könnten aus Sicht von Hirt nicht korrekt beschriftete Lebensmittel bereits an der EU-Grenze zurückgehalten werden. Möglich wäre auch, dass Produkte aus den Regalen der Supermärkte verbannt werden.

In den Verhandlungen mit der EU-Kommission habe die Schweiz darauf hingewiesen, dass die künftige Verordnung Schweizer Unternehmen gegenüber ihren Konkurrenten der EU benachteilige, erklärt das Seco.

Da die Schweiz kein EU-Mitglied ist, kann sie nur eine nicht diskriminierende Behandlung verlangen, wenn die Maßnahme Teil eines bilateralen Vertrages ist. Im vorliegenden Fall werde die Schweiz als Drittland angesehen, betont das Seco. Aus diesem Grund müsse eine pragmatische Lösung gefunden werden.

Keine Angaben über Zahl der Betroffenen

Gewisse Unternehmen haben bereits reagiert und die Vorschriften der neuen EU-Bestimmung umgesetzt. Angaben über die Zahl der betroffenen Konzerne machen aber weder das Seco noch die fial. Potenziell am stärksten tangiert sind mittelgroße Unternehmen, die über keine Strukturen in einem EU-Land verfügen, aber mit ihren Produkten ein gewisses Exportvolumen erreichen.

Aktiv geworden ist etwa der Schokoladenhersteller Camille Bloch. Das Unternehmen aus dem Berner Jura habe eine Tochtergesellschaft in Deutschland gegründet, um der neuen Bestimmung Rechnung zu tragen, erklärte eine Sprecherin auf Anfrage. (APA, 7.12.2014)