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Am Stammtisch wird in Bayern sowieso deutsch gesprochen, das weiß auch Ministerpräsident Horst Seehofer (ganz rechts). Er fordert nun , dass auch Zuhause nur deutsch gesprochen wird.

Foto: REUTERS/Michael Dalder

Wozu hat man einen Generalsekretär? Zum Ausputzen und Geraderichten. Also schickte Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer am Montag seinen Generalsekretär Andreas Scheuer in den Münchner Regen zur wartenden Journalistenmeute. Es ist klar, welche Frage kommen wird.

Meint die CSU ernst, was sie in ihrem Leitantrag für den Parteitag am Freitag formuliert hat: dass nämlich Migranten auch am Küchentisch Deutsch sprechen sollen? "Wer dauerhaft hier leben will, soll dazu angehalten werden, im öffentlichen Raum und in der Familie Deutsch zu sprechen", so hieß es im Antrag. Scheuer erklärt zunächst, man wolle niemandem Vorschriften machen. Aber: "Der Satz bleibt in der Grundausrichtung, dass die Sprache der Schlüssel für Integration ist."

Doch es hilft nicht viel. Die Empörung über die CSU ist groß und wird auf zweierlei Arten zum Ausdruck gebracht. Aydan Özoguz (SPD), die Integrationsbeauftragte der deutschen Bundesregierung, bemüht Sachargumente. "Wer soll das denn überprüfen?", fragt sie und verweist zudem auf wissenschaftliche Erkenntnisse, denen zufolge Eltern mit ihren Kindern die Sprache sprechen sollten, die sie am besten beherrschen.

CSU als "Sprachpolizei"

Andere nehmen sich kein Blatt vor den Mund. "Das Freiheitsverständnis der CSU in ihrer neuen Rolle als Sprachpolizei ist atemberaubend", meint Grünen-Chef Cem Özdemir. "Jetzt ist die CSU narrisch geworden!", erklärt Volker Beck, der innenpolitische Sprecher der Grünen, und nennt die Idee "übergriffig, respektlos und reine Stimmungsmache."

Für SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi ist die CSU "in Absurdistan angekommen." Der "komplett bescheuerte" Vorschlag sei "zum Schreien komisch", wenn er nicht so brandgefährlich wäre.

Das SPD-geführte Auswärtige Amt in Berlin twitterte: "Klarstellung aus gegebenem Anlass: Wir sprechen weiter diplomatisch!" Auch CDU-Generalsekretär Peter Tauber nutzte Twitter, um zu erklären: "Ich bin der Meinung, dass es die Politik nichts angeht, ob ich daheim Lateinisch, Klingonisch oder Hessisch rede."

Unter dem Hashtag #YallaCSU (arabisch "Yalla" – "los, auf geht’s") ergoss sich ein Shitstorm im Netz. Am Montagnachmittag ruderte die CSU dann ein wenig zurück. Der neue Antrag lautet nun: "Wer dauerhaft hier leben will, soll motiviert werden, im täglichen Leben Deutsch zu sprechen."

CDU-Parteitag

Auch in der großen Schwesterpartei CDU herrscht gerade keine Einstimmigkeit. Sie kommt am Dienstag und Mittwoch in Köln zum Parteitag zusammen und will dort ihre Wirtschaftskompetenz demonstrieren – nachdem die SPD im ersten Jahr der großen Koalition viele Punkte (Pension mit 63 Jahren, Mietpreisbremse, Mindestlohn) durchsetzen konnte.

In ungewohnter Einigkeit drängen der Wirtschafts- und der Arbeitnehmerflügel auf Maßnahmen gegen die kalte Progression. Es liegen Anträge vor, diese ab 2017 – also noch in dieser Legislaturperiode – durch Steuersenkungen abzumildern. Doch sowohl Bundeskanzlerin Angela Merkel als auch Finanzminister Wolfgang Schäuble sind dagegen. Zwar wollen auch sie tätig werden, sich aber noch nicht auf einen Zeitpunkt festlegen. Sie sehen derzeit keinen finanziellen Spielraum.

Merkel wird am Parteitag zum achten Mal zur CDU-Chefin gewählt. Ob sie 2017 noch einmal als Kanzlerkandidatin antritt, lässt sie offen. Seehofer hingegen hat schon erste Pflöcke eingeschlagen und erklärt: "Wir haben die Chance, mit dieser Bundeskanzlerin 2017 die absolute Mehrheit zu holen." Und CDU-Vize Thomas Strobl erklärt: "Angela Merkel wird wieder als Kanzlerkandidatin antreten."(Birgit Baumann aus Berlin, DER STANDARD, 9.12.2014)