Berlin - Revolution beim Medienhaus Axel Springer: Die Familie Springer trennt sich mittelfristig von ihrer Aktienmehrheit. Damit aber vor allem die Witwe des Konzerngründers, Friede Springer, die Kontrolle über den Konzern behalten kann, soll der Verlag eine neue Rechtsform bekommen.

Neue Rechtsform für größere Zukäufe

So soll die Axel Springer SE in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) umgewandelt werden, wie der Herausgeber von "Bild" und "Welt" mitteilte. "Wir sichern dauerhaft die Familienmehrheit und öffnen das Unternehmen dennoch für externes Kapital, das wir über die Börse aufnehmen können", sagte Konzernchef Mathias Döpfner. Damit könne Springer künftig größere Zukäufe stemmen, "die wir früher ohne Kapitalerhöhung nicht hingekriegt hätten".

Immo-, Job- und Autoportale zurückkaufen

Anlass für die geänderte Rechtsform seien Pläne, das hochprofitable Geschäft mit Kleinanzeigen im Internet wieder stärker an sich zu binden, sagte Döpfner. In zwei Schritten wollen die Berliner das sogenannte Rubrikengeschäft wieder zu 100 Prozent kontrollieren.

Springer hatte die Sparte, zu der Immobilien-, Job- und Autoportale im Internet gehören, vor etwa zwei Jahren in einer Gemeinschaftsfirma mit General Atlantic gebündelt. Der Finanzinvestor zahlte damals 237 Millionen Euro für einen 30-Prozent-Anteil an Digital Classifieds. Nun stockt Springer in einem ersten Schritt seinen Anteil auf 85 von 70 Prozent auf und zahlt dafür 446 Millionen Euro in bar. Zudem hat sich Springer das Recht gesichert, die restlichen 15 Prozent zu erwerben. Dafür will der Konzern in Aktien zahlen.

Von Stepstone über Immonet bis Seloger

Was gehört zur Axel Springer Digital Classifieds GmbH? Das führende französische Immobilienportal SeLoger, das deutsche Immobilienportal Immonet und die europäische Jobbörse StepStone sowie weitere Stellenportale wie Totaljobs, Saongroup, YourCareerGroup und Jobsite; Immobilienportale wie Immoweb, das Regionalportal meinestadt.de, das Autorubrikenportal LaCentrale und das israelische Rubrikenportal Yad2.

Die Sparte steuerte in den ersten neun Monaten zwar nur rund 16 Prozent zum Konzernumsatz bei, kam aber für etwa 44 Prozent des Gewinns (Ebitda) auf. Analysten bezeichneten den Deal als sinnvoll. "Das ist ein gut wachsendes und rentables Geschäft", sagte Stefan Borscheid von der LBBW.

8,6 Prozent der Springer-Aktien

Läuft alles wie geplant, hält General Atlantic ab Herbst 2015 rund 8,6 Prozent der Springer-Aktien und steigt zum zweitgrößten Aktionär auf. Dies soll über eine Kapitalerhöhung geschehen, die die nächste Hauptversammlung absegnen soll. Sollten die Aktionäre dazu ihre Zustimmung verweigern, kann Springer nach eigenen Angaben den restlichen Anteil gegen weitere 446 Millionen Euro in bar zuzüglich Zinsen kaufen.

Friede Springer und Enkel des Gründers halten 51,5 Prozent

Größter Aktionär mit 51,5 Prozent ist derzeit die Axel Springer Gesellschaft für Publizistik, die von Friede Springer und zwei Enkeln des Verlagsgründers Axel Springer kontrolliert wird. Die Springer-Witwe hält zudem weitere fünf Prozent direkt, Döpfner drei Prozent. Die von Vorstand und Aufsichtsrat geplante neue Rechtsform bezeichnete Döpfner als bedeutende Weichenstellung. "Wir halten das für die wahrscheinlich wichtigste Nachricht, die wir seit vielen, vielen Jahren bekanntgegeben haben."

Kapitalanteile von Stimmrechten entkoppelt

Springer wolle "definitiv vor allem ein Familienunternehmen bleiben", solle jedoch einen Zugang zu externem Kapital bekommen. Deshalb würden Kapitalanteile von den Stimmrechten entkoppelt.

Kapitalanteil kann auf "40, 30, 20 Prozent" fallen

Die Gesellschaft für Publizistik werde künftig 46 oder 47 Prozent an Springer halten, sagte Döpfner. Bei weiteren größeren Zukäufe könne dieser Anteil auf "40, 30, 20 Prozent oder was auch immer" fallen. (APA/Reuters, 9.12.2014)