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Benjamin Netanyahu lässt wählen.

Foto: APA/EPA/Hollander

Jerusalem - Das israelische Parlament hat am Montag mit großer Mehrheit seine eigene Auflösung beschlossen und Neuwahlen für den 17. März angesetzt. Nach einem Sitzungstag mit stürmischen Diskussionen stimmten am Ende 93 der insgesamt 120 Abgeordneten der Knesset für den Antrag auf Selbstauflösung. Es gab keine Gegenstimme; 27 Abgeordnete blieben dem Votum fern.

Die Fraktionsführungen hatten sich Mitte vergangener Woche auf Neuwahlen geeinigt, nachdem Regierungschef Benjamin Netanyahu zwei als liberal geltende Kabinettsmitglieder entlassen hatte. Netanyahu warf Justizministerin Zipi Livni und Finanzminister Jair Lapid vor, "Putschpläne" gegen ihn geschmiedet zu haben. Beide nannten das absurd.

Zerfall

Die Mitte-rechts-Regierung war in den vergangenen Wochen schrittweise zerfallen, weil es nicht gelang, eine Einigung auf den Haushalt 2015 zu erzielen. Dabei ging es insbesondere um die Höhe der Ausgaben für die Armee. Umstritten war auch das zentrale Anliegen von Finanzminister Lapid, beim Kauf einer ersten Wohnung vielfach die Mehrwertsteuer zu erlassen.

Zudem gab es zuletzt einen scharf ausgetragenen Streit um ein geplantes Gesetz, das nationale Rechte ausschließlich für die jüdische Volksgruppe, nicht aber für die Minderheiten im Lande festschreiben soll. Livni und Lapid sahen dadurch - wie die Opposition - die Demokratie und den Gleichheitsgrundsatz in Israel gefährdet.

Die letzten Knessetwahlen hatten im Jänner 2013 stattgefunden; die 19. Legislaturperiode hatte eigentlich bis November 2017 dauern sollen.

"Natürliche Verbündete"

Netanyahu will eigenen Angaben zufolge nach den Wahlen neben den beiden ultranationalistischen Parteien Jüdisches Heim von Wirtschaftsminister Naftali Bennett und Unser Haus Israel von Außenminister Avigdor Lieberman wie in der Vergangenheit die beiden ultrareligiösen Parteien in die Regierung holen will. Sie seien "die natürlichen Verbündeten" seines Likud-Blocks erklärte er.

Vor der Knessetauflösung hatte die größte oppositionelle Kraft, die von Yitzhak Herzog geführte Arbeitspartei, mit Livnis Hatnua-Fraktion und Lapids Zukunftspartei mögliche Wahlbündnisse erörtert. Bekannt wurden am Montag auch mehrere Abkommen zur Übertragung von überschüssigen Stimmen bei der Verteilung der Sitze nach dem Verhältniswahlrecht. Diese Besonderheit des israelischen Wahlrechts kann bei knappem Ausgang für die Kräfteverhältnisse möglicher Koalitionen entscheidend sein. Außerdem deuten diese Vereinbarungen schon jetzt mögliche Bündnispartner an.

So einigten sich nach Angaben israelischer Medien die Arbeitspartei und die linksliberale Merez sowie im rechten Parteienspektrum die Likudbewegung und die Partei Jüdisches Heim auf solch eine Stimmübertragung. Überraschend war eine entsprechende Vereinbarung zwischen der Partei Liebermans und der Gruppierung, die der ehemalige Sozialminister Moshe Kachlon gerade gründet.

Die Wahlumfragen lassen gegenwärtig eine vierte Amtszeit Netanyahus mit einer nach rechts gerückten Koalition erwarten. Wobei der amtierende Ministerpräsident seine Rolle als Spitzenkandidat des Likud Anfang Jänner noch gegen mehrere Rivalen vom rechten Flügel der Partei verteidigen muss.

Für den Ausgang der Wahl wird zudem wichtig sein, welche Themen den dreimonatigen Wahlkampf beherrschen werden. Die angespannte Sicherheitslage insbesondere im besetzten Ost-Jerusalem und an den Grenzen, die Erwartungen an eine Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen mit den Palästinensern sowie die hohen Lebenshaltungskosten und sozialen Ungleichgewichte werden die Stimmabgabe der vielen noch unentschlossenen Wähler beeinflussen. (APA, 8.12.2014)