Wien - Die Koalition kommt beim Dauerthema Steuerreform nicht zur Ruhe: Zwei Tage vor der Präsentation des ÖVP-Modells veröffentlichte die SPÖ Montagabend Details, wie sie sich die Gegenfinanzierung mittels Erbschafts- und Schenkungssteuer und Millionärsabgabe vorstellt. Die ÖVP lehnt diese ja ab und reagierte am Montagabend noch demonstrativ "gelassen" auf die Veröffentlichung. Am Dienstag aber rückte dann Generalsekretär Gernot Blümel aus und sagte im Ö1-"Mittagsjournal", was die ÖVP von der überraschenden SPÖ-Aktion Montagabend hält, nämlich "eine gewisse Provokation".

Schon zuvor hatte Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) vor Beginn der EU-Finanzministersitzung in Brüssel gesagt: "Wir werden morgen unser Konzept präsentieren. Das wird völlig anders ausschauen, dazu stehe ich auch." Seine Ansicht habe sich durch die SPÖ-Vorlage "nicht geändert. Auch mein Stil nicht".

Im schon bestehenden Schenkungsmelderegister sollen laut SPÖ-Modell alle erhaltenen Schenkungen und Erbschaften über 10.000 Euro über 30 Jahre zusammengerechnet werden - erreicht man in diesem Zeitraum 1 Mio. Euro (abzüglich Schulden), dann wird alles über dieser Million besteuert, zitierte die "Zeit im Bild" Montagabend aus einem SPÖ-Papier, das auch der APA vorliegt. Der Steuersatz wäre ansteigend von 25 bis 35 Prozent (über 10 Mio. Euro).

Umgehungen unterbinden

Damit man die Erbschafts- und Schenkungssteuer nicht umgehen kann, soll es für Privatstiftungen ein Schenkungssteuer-Äquivalent geben. Für alles, was über einer Mio. Euro liegt, würde man 30 Prozent Steuer auf 30 Jahre verteilt zahlen - also ein Prozent pro Jahr. Nach 30 Jahren gibt es dann wieder einen Stichtag zur Berechnung. Die bereits bezahlte Stiftungseingangsteuer kann in Abzug gebracht werden, die Stiftungseingangsteuer für neu eingebrachtes Vermögen würde abgeschafft.

Um Betriebsübergaben nicht zu erschweren und quasi als Ansage gegen die ÖVP-Argumentation soll man - laut SPÖ ebenfalls an die deutsche Regelung angelehnt - bei Betriebsübernahmen zehn Jahre Zeit haben, die Steuer zu bezahlen.

Millionärsabgabe

Zweiter großer Punkt im SPÖ-Modell ist die Millionärsabgabe: Über einem Freibetrag von einer Millionen Euro Nettovermögen greift ein progressiver Steuersatz von 0,5 bis 1 Prozent (über 10 Mio. Euro) für den die Million Euro übersteigenden Teil. Betroffen wären natürliche Personen und Privatstiftungen. Die Veranlagung würde durch Eigendeklaration erfolgen, ausgenommen wären Hausrat, öffentliches, privates und betriebliches Pensionsvermögen.

Diese Vorschläge hat die SPÖ in die Expertenkommission zur Steuerreform eingebracht, hieß es aus der Partei. Erbschafts- und Schenkungssteuer (500 Mio.) sowie Millionärsabgabe (1,5 Mrd.) sollen insgesamt zwei Mrd. Euro hereinbringen. Es handle sich dabei um vom Finanzministerium bestätigte Berechnungen, wurde in der SPÖ betont.

Modell von ÖGB und Arbeiterkammer

Grundsätzlich vertritt die SPÖ das Steuersenkungsmodell von ÖGB und Arbeiterkammer. Damit sollen knapp sechs Mrd. Euro in die Senkung des Eingangssteuersatzes (von 36,5 auf 25 Prozent), die Abflachung der Steuerprogression und die Anhebung der Negativsteuer für Geringverdiener fließen. Neben den obengenannten zwei Milliarden will man eine Milliarde durch die Konsum- und Konjunkturbelebung als "Selbstfinanzierung" hereinbringen sowie drei Milliarden durch Steuerbetrugsbekämpfung (Registrierkassenpflicht), die Streichung von Ausnahmeregeln im Steuerrecht und Einsparungen etwa bei Verwaltung und Förderungen.

In der ÖVP verwies man einerseits darauf, dass die Volkspartei ihr Konzept am Mittwoch vorstellen wird, und andererseits auf den gemeinsam vereinbarten Zeitplan mit den bekannten Daten. Demnach soll die politische Verhandlungsgruppe am 17. Dezember starten und bis 17. März ein Ergebnis vorlegen.

SPÖ und ÖVP wollen Familien entlasten

Immerhin, in einem Punkt kommt die SPÖ der ÖVP inhaltlich etwas entgegen: Denn so wie die ÖVP, die die Wirtschaft (eine Milliarde Euro) und die Familien (500 Millionen Euro) entlasten will, möchte die SPÖ nun auch die Familien entlasten. Wie der APA bestätigt wurde, will die Kanzler-Partei die Steuerlast der Familien um 150 Millionen reduzieren. Dieser Betrag soll zu den 5,9 Milliarden Euro hinzukommen, die die SPÖ für die Tarifsenkung eingeplant hat. Wie die technische Ausgestaltung der 150 Millionen für die Familien aussehen soll, darüber macht die SPÖ aber noch ein Geheimnis. Staatssekretärin Sonja Steßl nannte im Ö1-"Mittagsjournal" die steuerliche Absetzbarkeit von Ausbildungskosten, etwa den Schul-Skikurs, als eine Möglichkeit.

Opposition reagiert gespalten

Erwartungsgemäß unterschiedlich bewerten Grüne und Team Stronach die am Montag bekannt gewordenen SPÖ-Steuerpläne. Team Stronach-Klubobfrau Kathrin Nachbaur kritisierte eine "absurde Umverteilungsromantik", während für Grünen-Bundessprecherin Eva Glawischnig die Vorschläge zu den Vermögenssteuern "von der Tendenz her verfolgenswert" sind. Freilich glaubt Glawischnig nicht, dass die SPÖ diese Vorschläge auch tatsächlich umsetzen will. In erster Linie sei es wohl darum gegangen, die ÖVP zu ärgern .

Keine Freude hatte FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache mit den roten Steuerplänen: "Das rote Modell beschäftigt sich zum überwiegenden Teil mit der Frage, wie man die Bürger weiter belasten kann, und nicht mit der Frage, wie man den Bürger entlasten und wo der Staat bei seinen Ausgaben sparen kann." Das sei völlig inakzeptabel, sagte Strache am Dienstag in einer Aussendung. (APA, 9.12.2014)