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Ewig im Clinch: Fachhochschulen und Universitäten.

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Fachhochschüler sind Praktiker, Uni-Studenten Theoretiker. Die einen schaffen das Studium in Mindestzeit, die anderen trödeln herum. Die einen sind Schnösel, die anderen Nichtsnutze - die Liste der Vorurteile ist lang. Genau 20 Jahre ist es jetzt her, dass in Österreich die ersten Fachhochschulen gegründet wurden. Das Spannungsverhältnis zwischen FHs und Universitäten besteht noch immer.

Dass es Unterschiede zwischen den beiden Hochschultypen gibt, ist nicht zu bestreiten. Diese sind vor allem auf die unterschiedlichen Organisationsstrukturen zurückzuführen: Weil im FH-Sektor nur eine bestimmte Anzahl von Studienplätzen finanziert wird, gibt es Zugangsbeschränkungen.

Moderne Ausstattung in der FH

An Universitäten werden nur in den wenigsten Fällen Auswahlverfahren durchgeführt. Dieses System mag zwar gerechter sein, für die Studienbedingungen ist es aber wenig förderlich. Spätestens seit der "Unibrennt"-Bewegung im Herbst 2009 ist bekannt, dass das österreichische Universitätssystem dringend einer Reformierung bedarf.

Während im Audimax der Uni Wien hunderte Publizistikstudenten um einen Sitzplatz kämpfen, sitzen ihre FH-Kollegen in Kursräumen mit akustischer Dämmung, ausgeklügeltem Beleuchtungskonzept und Hightech-Beamern.

Aber ganz so perfekt sind auch Fachhochschulen nicht. Denn was nützt eine moderne Ausstattung, wenn die Unterrichtsmethoden altmodisch und überholt sind? Vorgefertigte Stundenpläne, fehlende Entscheidungsfreiheit und ständige Anwesenheitspflicht verwandeln Fachhochschulen immer mehr in Schulen.

Reflexion und Vertiefung

Das System lässt kaum Raum für Reflexion, Vertiefung oder kritisches Hinterfragen. Die "Fertigkeiten", die Studierende in diesem schulischen System entwickeln, sind vielmehr Konkurrenzdenken und Ellenbogentaktik. In Mindestzeit abschließen und dann ab auf den Arbeitsmarkt - das wird Fachhochschülern eingetrichtert.

Um einen reibungslosen Übergang vom Studium in die Arbeitswelt zu schaffen, bieten Fachhochschulen seit einigen Jahren berufsbegleitende Studien an. Das Konzept ist einfach: Tagsüber arbeiten, am Abend und an Wochenenden studieren. Dieses System soll berufstätige Studenten entlasten und ihnen die Möglichkeit geben, neben dem Studium einen Beruf auszuüben. Die Realität sieht anders aus: Berufsbegleitende Studien sind nicht ent-, sondern belastend. Es bleibt weder genügend Zeit, den Stoff des Studiums zu vertiefen, noch Zeit, den Job gut zu machen - von der fehlenden Freizeit ganz zu schweigen. Dennoch scheint das Konzept zu funktionieren. Studien belegen, dass Absolventen von Fachhochschulen schneller einen Job finden und höhere Einstiegsgehälter haben als Universitätsabsolventen. Die Frage ist nur: Um welchen Preis?

Individueller Lehrplan

An Universitäten können Studierende ihren Lehrplan individuell gestalten. Neben Pflichtvorlesungen, die jeder besuchen sollte, gibt es eine Reihe von Wahl- und Spezialisierungsmöglichkeiten. Den Druck, Prüfungen zu einem bestimmten Zeitpunkt ablegen zu müssen, gibt es nicht. Das soll Studierenden helfen, Selbstverantwortung und Pflichtbewusstsein zu entwickeln. Ein schöner Gedanke. Aber was, wenn die Studierenden gar nicht dazu bereit sind, Eigeninitiative zu übernehmen? 40 Prozent der Uni-Anfänger legen während der ersten beiden Semester keine Prüfung ab. Mehr als ein Drittel der Bachelor-Studenten bricht das Studium in den ersten drei Semestern ab. An Fachhochschulen sind es nur 16 Prozent. Auch was die Studiendauer betrifft, gibt es große Unterschiede zwischen Universitäten und Fachhochschulen: Uni-Studenten brauchen im Schnitt 13 Semester für ihren Erstabschluss, Fachhochschüler nur acht Semester. Das liegt aber weniger am Ehrgeiz oder der Intelligenz der Studierenden als vielmehr am Aufbau des Studienplans. Aufgrund des streng geregelten Lehrplans ist es nahezu unvermeidbar, ein FH-Studium nicht in Mindestzeit abzuschließen.

Studieren ist also nicht gleich studieren. Aus den beiden Hochschulsystemen resultieren völlig unterschiedliche Wissenszugänge: Fachhochschulen fördern einen rigiden, schulischen und praxisorientierten Unterricht, Universitäten eine individuelle, flexible und theoriebasierte Herangehensweise. Welches System sich nun besser oder schlechter eignet, hängt letzten Endes von den persönlichen Interessen und Zielen der Studierenden ab. (Magdalena Brugger, DER STANDARD-Printausgabe, Dezember 2014)