Praia - Zwei Dörfer sind zerstört, eine einzigartige Kulturlandschaft wurde von Lavaströmen überschwemmt. Das Ende des Vulkanausbruchs auf der Kap-Verde-Insel Fogo ist nicht absehbar. Bisher flossen die glühenden Massen auf der Insel vor der Westküste Afrikas nur in den Talkessel Cha das Caldeiras in 1.700 Meter Höhe.

Aber der Lavastrom könnte bald die Hänge des kegelförmigen Vulkans erreichen und sich dort mit erhöhter Geschwindigkeit in Richtung Atlantikküste ergießen. Dort liegt Mosteiros, mit knapp 10.000 Einwohnern die zweitgrößte Gemeinde der Insel. "Wir stellen uns auf die schlimmsten Szenarien ein", sagte die Innenministerin der portugiesischen Ex-Kolonie, Marisa Morais. "Es ist zu erwarten, dass der Vulkanausbruch weiter anhält. 1995 hatte er 56 Tage gedauert." Ministerpräsident Jose Maria Neves kündigte an, dass möglicherweise weitere Dörfer evakuiert werden müssten.

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Von dem vor gut zwei Wochen begonnenen Vulkanausbruch waren bisher nur die Ortschaften Portela und Bangaeira betroffen. Die 1.500 Bewohner wurden rechtzeitig in Sicherheit gebracht. Ihre etwa 100 Jahre alten Dörfer liegen im Innern des Talkessels, der auf seiner Süd- und Westseite von spektakulären Felswänden überragt wird. Diese ragen fast senkrecht 1.000 Meter hoch in den Himmel.

"Beide Dörfer wurden von der Landkarte praktisch ausradiert", verlautete es aus Regierungskreisen. Ein Hotel, eine Pension, die Schule, die Sporthalle, zwei Kirchen, Dutzende Wohnhäuser und das Empfangsgebäude des Naturparks von Cha das Caldeiras wurden von den glühenden Lavamassen umspült und zum Einsturz gebracht.

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Auch die Keller der Winzerei-Genossenschaft wurden größtenteils zerstört. Sie waren eine Besonderheit auf der Inselgruppe gewesen. Che das Caldeiras (auf Deutsch: Ebene der Kessel) war das einzige Gebiet auf Kap Verde gewesen, in dem wegen des gemäßigen Klimas und der Niederschläge Wein angebaut werden konnte.

Die Weinproduktion war die wirtschaftliche Lebensgrundlage der Bewohner des Talkessels. Man vermutet, dass der französische Graf Armand de Montrond, der sich Ende des 19. Jahrhunderts auf der Insel niederließ, den Weinbau nach Fogo gebracht hatte. Einige Bewohner sind direkte Nachkommen des Aristokraten. Der Talkessel mit einem Durchmesser von neun Kilometern hatte auch ausländische Touristen angelockt. Mit seinen Vulkangesteinen wirkte er auf die Besucher wie eine Mondlandschaft. Jetzt ist er nicht mehr zugänglich, weil die Straße von der Inselhauptstadt São Filipe von Lavamassen überschwemmt wurde.

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Die Bewohner von Cha das Caldeiras waren es gewohnt, mit den Gefahren des Vulkans zu leben. 1995 hatten sie ihre Dörfer schon einmal wegen eines Lavaausbruchs verlassen müssen. Die Schäden hielten sich jedoch in Grenzen, sodass die Bewohner später in ihre Häuser zurückkehren konnten. Auch jetzt gingen die Leute davon aus, dass die Evakuierung ihrer Dörfer nur vorübergehend sein würde. Nun aber wird eine Rückkehr kaum mehr möglich sein. Eine Expertenkommission prüft bereits, wo die Betroffenen neu angesiedelt werden können. Insgesamt leben auf Fogo mehr als 30.000 Menschen.

Mehrere Bewohner von Portela und Bangaeira versuchten kürzlich, von ihren Notunterkünften aus in einem Fußmarsch in die zerstörten Orte zu gelangen, um einige Habseligkeiten aus ihren Wohnungen zu holen. Sie mussten angesichts der Lavamassen aber unverrichteter Dinge zurückkehren. "Die Rückkehr glich einem Trauermarsch", berichtete die Nachrichtenagentur Inforpress. "Sie bedeutete den endgültigen Abschied von Cha das Caldeiras." (APA/dpa/Hubert Kahl, 9.12.2014)