Freiberg - Das Tote Meer ist nicht nur besonders salzig, es wird auch immer weniger: Der Wasserspiegel ist in den vergangenen 30 Jahren um 28 Meter gesunken - mit Konsequenzen für Mensch und Umwelt. Wissenschaftliche Taucher der TU Bergakademie Freiberg waren nun gemeinsam mit Forschern des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) sowie des Unternehmens EvoLogics vor Ort, um Frischwasserzutritte am Seeboden zu finden, die helfen könnten, das Ökosystem besser zu verstehen.
"Die hohe Dichte des Wassers und der damit verbundene Auftrieb sowie die Aggressivität der Sole stellten ziemliche Herausforderungen für das Arbeiten unter Wasser dar", sagt Broder J. Merkel von der TU Bergakademie Freiberg. Das Wasser weist Salzgehalte von durchschnittlich 28 Prozent auf - fast zehnmal höher als die der Weltmeere. Ohne ein Zusatzgewicht von etwa 60 Kilogramm pro Taucher ist der Tauchgang nicht möglich.
Folgen für Grundwasser
Die Forscher wollten erkunden, welche Folgen die Absenkung des Wasserspiegels des Toten Meeres auf die Region und insbesondere das Grundwasser in der Region hat. Das Tote Meer ist, entgegen seinem Namen, kein Meer, sondern ein abflussloser See. In der Region herrscht Wüstenklima und so verdunstet permanent Wasser von der Seeoberfläche und der Wasserspiegel sinkt, wenn er nicht durch Zuflüsse ausgeglichen wird.
Diese natürlichen Zuflüsse werden durch menschliches Zutun verändert: Wasser aus dem Jordan, dem Hauptzufluss zum Toten Meer, wird abgeleitet und für Bewässerungsmaßnahmen in der Landwirtschaft sowie für Industrie und private Haushalte genutzt. Das Wasser aus dem Toten Meer selbst wird verdampft, um aus den Rückständen Kalium, Brom, Magnesium und Jod sowie Salze zu gewinnen.
Drei Meter in zwei Jahren
All das führt in Summe dazu, dass der Seespiegel dramatisch sinkt. Im Vergleich zu 1980 liegt der Wasserspiegel nun nicht mehr nur 400 Meter unter dem Meeresspiegel, sondern 428 darunter. In den letzten beiden Jahren sank er um ca. drei Meter. Prognosen gehen davon aus, dass das Tote Meer in 50 Jahren verschwunden sein könnte, wenn die Übernutzung der Wasserressourcen weiterhin in diesem Tempo voranschreitet.
Das hat weitreichende Konsequenzen für Mensch und Umwelt in der Region. Denn das Wasser des Toten Meeres ist hydraulisch mit dem umliegenden Grundwasser verbunden. Sinkt der Seespiegel, wird automatisch auch der Grundwasserspiegel abgesenkt - die ohne-hin schon knappe Ressource Wasser wird noch rarer. Eine weitere Konsequenz sind massive Einbrüche an der Erdoberfläche.
Mikroorganismen
Die wissenschaftlichen Taucher untersuchten nun Frischwasserzutritte, die unter Wasser im Küstenbereich in das Tote Meer fließen. Diese kann man aufgrund von Temperatur- und Dichteunterschieden schon an der Seeoberfläche erkennen. Ziel war es, die einströmenden Wasserströme sowohl quantitativ als auch qualitativ charakterisieren, um zu verstehen, wie der fallende Wasserspiegel das System verändert.
Die gewonnenen Wasserproben werden nun in Freiberg, Leipzig und Bremen auf Haupt- und Spurenelemente, anorganischen und organischen Kohlenstoffgehalt, Wasserstoff-, Sauerstoff- und Schwefelisotope sowie die DNA von Mikroorganismen untersucht. Denn das Tote Meer ist zwar kein Lebensraum für Fische, aber dennoch alles andere als tot: insbesondere im Bereich der Frischwasserzutritte gibt es Mikroorganismen. Die Ergebnisse und Auswertungen sollen in den nächsten Monaten vorliegen. (red, derStandard.at, 13.12.2014)