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Weniger Arbeiten bedeutet auch weniger Geld. Am 1. Jänner tritt das Ärztearbeitszeitgesetz in Kraft, die Verhandlungen laufen auf Hochtouren. Die Zeit, eine akzeptable Lösung für Ärzte und Spitalsträger zu finden, wird knapp.

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Graz/Klagenfurt/Salzburg - Die Salzburger Ärzte griffen in der Debatte um das Ärztearbeitszeitgesetz und die damit verbundenen Gehaltseinbußen zu einem dramatischen Symbol: Hunderte Ärzte schleuderten dem für die Verhandlungen zuständigen Landesfinanz- und Spitalsreferenten Christian Stöckl (ÖVP) ihre weißen Kittel vor die Füße. Die indirekte Streikdrohung ließ Stöckl kalt: "Für überzogene Forderungen" sei er nicht zu haben.

Im Kern geht es um ein neues Gehaltsschema. Das bisher vergleichsweise niedrige Grundgehalt konnte durch Nachtzulagen aufgebessert werden. Ab 1. Jänner 2015 wird die Arbeitszeit für Ärzte aber auf 48 Stunden beschränkt.

Um die Gehaltsverluste auszugleichen, fordert die Salzburger Ärztekammer höhere Grundgehälter - rund 13 Millionen Euro mehr im Jahr. Das ist Stöckl zu viel, sein Angebot: rund 9,5 Millionen. Die Gespräche sind vorerst festgefahren. Stöckls harte Haltung hat auch mit einem Gerichtsentscheid zu tun. Demnach muss das Land statt wie bisher nur 60 Prozent seinen Bediensteten rückwirkend auf drei Jahre 100 Prozent der Vordienstzeiten anrechnen.

Wie hoch diese Nachzahlungen - sie gelten auch für die Spitalsbediensteten - sein werden, kann man derzeit nur schätzen. 30 Millionen könnten aber schon zusammenkommen.

Graz: Klinikchef tritt zurück

Einen Eklat gab es auch in Graz. Wie die Kleine Zeitung berichtete, trat ein Klinikchef der Med-Uni Graz zurück, nachdem er und Kollegen auf ihrer Meinung nach unhaltbare, strukturelle Probleme, hingewiesen hatten. Der Mann warnte in einem Schreiben davor, dass die "Patientensicherheit vermindert" sei und dass "medizinisch relevante Fehler" zunehmen. Nichtnachbesetzungen und die Probleme, die sie verursachen, seien aber seit Jahren bekannt. Der als besonnen geltende Klinikchef soll von seinen Kollegen "Respekt" für seinen radikalen Schritt gezollt bekommen haben.

In Kärnten sorgte in der Vorwoche die Schlagzeile für Aufregung, wonach die Mediziner die Verhandlungen mit dem Land Kärnten boykottierten. Man hätte sich über die Erhöhung der Grundgehälter der Mediziner an den Spitälern des Landeskrankenanstaltenträgers Kabeg einigen sollen. Boykott sei dies keiner gewesen, sagt Petra Preiss dem Standard. Das Problem habe in diesem Fall nicht zwischen der Ärztekammer und dem Land bestanden. Preiss, Ärztin am Klinikum Klagenfurt und bisher Mitglied des Verhandlungsteams, würde auch nicht von einem Abbruch der Verhandlungen sprechen: "Wir haben ja längst einen Vorschlag, konnten diesen aber dann nicht selbst erklären."

Der Grund lag dem Vernehmen nach am Verhandlungsteam, das der Zentralbetriebsrat nominiert hatte. "Das waren völlig verhandlungsunerfahrene Leute, die nicht einmal verhandeln wollten und erst am Tag vorher informiert wurden", erklärt Preiss. Landeshauptmann Peter Kaiser ließ jedenfalls gleich nach den geplatzten Gesprächen ausrichten, dass seine Hand ausgestreckt bleibe.

"Stoppt die Ärztevertreibung"

Um einem Eklat vorzubeugen, rief Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) schon vor Beginn der Verhandlungen zu Besonnenheit auf. Dienstagnachmittag traf er Ärztekammerchef Peter Niedermoser zur ersten offiziellen Gehaltsverhandlungsrunde. Schließlich stehen nächstes Jahr Landtagswahlen in Oberösterreich an, und ein sich hinziehender Konflikt mit der Ärzteschaft ist nicht im Interesse der ÖVP. Doch Pühringers Appell verhallte schon im Voraus. Am Freitag präsentierten Spitalsärzte ein Protestvideo, in dem sie vor einer drohenden medizinischen Unterversorgung in Oberösterreich warnen. "Stoppt die Ärztevertreibung" heißt zudem eine Internetseite, die den herrschenden Ärztemangel thematisiert. Die Situation werde durch das neue Arbeitszeitgesetz verschärft, denn durch die Stundenreduzierung brauche es weitere 156 Ärztestellen. "Es ist Feuer am Dach", warnen die Mediziner Pühringer vor den Verhandlungen.

Dass es noch bis Jahresende zu einer Einigung kommen könnte, schließt er aus. Er wolle "für alle Seiten eine faire Lösung", die Zeit bedürfe. Daher strebt er eine Zwischenlösung an. Über das erste Angebot will die Ärztekammer nachdenken.

In Tirol kommt es derzeit darauf an, wen man fragt: Während sich Landeshauptmann Günther Platter und der zuständige Landesrat Bernhard Tilg (beide ÖVP) über die Einigung auf das neue Gehaltsschema für alle Mitarbeiter im medizinischen Bereich der Tiroler Landeskrankenanstalten (Tilak) freuen, ist für die Ärztekammer "noch gar nichts geklärt". Das Entlohnungsmodell sieht höhere Einstiegsgehälter, aber eine flachere Gehaltskurve vor. Jeder Arzt hat die Möglichkeit, ab 2015 auf das neue System umzusteigen. "Für ältere Dienstnehmer rentiert sich das nur überhaupt nicht", sagt Ludwig Gruber, Vizepräsident der Ärztekammer Tirol.

Am Dienstag gab es ein "erstes Sondierungsgespräch" zwischen Tilg und Vertretern der Landesärztekammer. "Aber im Grunde ist es ein österreichweites Problem. Wir brauchen ein neues Gesetz, durch das die Gehaltsverluste verhindert werden", sagt Gruber. (cms, ker, mika, neu, DER STANDARD, 10.12.2014)