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Syrische Flüchtlinge am Syntagma-Platz vor dem griechischen Parlament. Reguläre Asylverfahren funktionieren in Griechenland kaum.

Foto: AP / Petros Giannakouris

Fünf Prozent verlangen sie, nicht mehr. Die anderen 95 müssen weiter die Nachbarn schultern – Libanon, Jordanien, Türkei. Weil die Aufteilung der Lasten bei der Flüchtlingskrise aus Syrien so extrem ungleich ist, fordern Hilfsorganisationen vor allem von den reichen europäischen Ländern, mehr zu tun: Wenn der Westen bis nächstes Jahr insgesamt 180.000 syrische Flüchtlinge aufnähme, dann wären es immerhin fünf Prozent der bald 3,6 Millionen Menschen, die seit dem Beginn des Bürgerkriegs in Syrien 2011 ihr Land verlassen hatten, hieß es zu Wochenbeginn in dem Aufruf von 30 Hilfsorganisationen.

Federica Mogherini, die Außenpolitikbeauftragte der EU, und Christos Stylianides, EU-Kommissar für humanitäre Hilfe, machten sich am Dienstag selbst ein Bild von der Lage und reisten an die türkisch-syrische Grenze. In der türkischen Stadt Kilis sprachen beide mit NGOs und besuchten ein Containerdorf, in dem Flüchtlinge nun schon seit zwei Jahren leben.

Spannungspunkte in der Türkei

Die türkische Regierung hat öffentlich erst dieser Tage eingeräumt, dass die geschätzt 1,7 Millionen Syrer wohl länger in der Türkei bleiben werden. Schlägereien und Messerstechereien mit syrischen Flüchtlingen, die zum größeren Teil außerhalb der Lager in den türkischen Städten in überteuerten Mietwohnungen oder auf der Straße leben, haben in den vergangenen Monaten zugenommen.

In den Blickpunkt der EU-Kommission sind deshalb Maßnahmen zur Integration der syrischen Flüchtlinge gerückt, finanziert von den Europäern. Ein Paket für die Türkei im Umfang von 70 Millionen Euro ist seit Oktober im Gespräch. Mogherini und Stylianides kündigten in Ankara zunächst zehn Millionen Euro an.

Hilfspaket für Nachbarn

180 Millionen Euro an Hilfe für Jordanien und den Libanon beschloss die EU-Kommission bereits Anfang des Monats. Dieses Paket beinhaltet auch Lebensmittelhilfe für Flüchtlinge in zugänglichen Gebieten in Syrien und Unterstützung für den Schulunterricht.

Auf dem Papier führt die EU die finanziellen Anstrengungen für die laut UNHCR "größte Flüchtlingskrise unserer Zeit" an: drei Milliarden Euro seit 2011. Doch allein die Türkei hat selbst bisher umgerechnet 3,3 Milliarden Euro für die Verpflegung ihrer syrischen Flüchtlinge ausgegeben.

Nicht überall Aussicht auf reguläre Verfahren

Neuansiedlung und Integration sind die Ziele, die das UN-Flüchtlingshochkommissariat gesetzt hat. Bei einer neuerlichen Geberkonferenz auf Ministerebene am Sitz des UNHCR in Genf am Dienstag riss dem schwedischen Justiz- und Migrationsminister Morgan Johanssons gleich der Geduldsfaden; mehr Länder sollten etwas zum Schutz der syrischen Flüchtlinge tun, sagte der Minister. Schweden ist zusammen mit Deutschland noch das vergleichsweise großzügigste europäische Land bei der Aufnahme der Syrer. Schweden führt eine internationale Koordinationsgruppe zur Aufnahme syrischer Flüchtlinge an.

Reguläre Asylverfahren – der andere Weg für die Flüchtlinge neben den staatlichen Aufnahmezusagen – funktionieren in den drei EU-Außengrenzeländern Bulgarien, Griechenland und Italien kaum. So harren vor dem Parlament in Athen bereits seit vier Wochen syrische Flüchtlinge aus und schlafen auf Decken und Holz paletten. Sie konnten bisher kein Asyl beantragen, leben von eigenen Mitteln und wollen von der griechischen Regierung nur eines: die Erlaubnis zur Weiterreise. (Markus Bernath, DER STANDARD, 10.12.2014)