Wien - SPÖ und ÖVP liefern sich derzeit nicht nur bei der Steuerreform ein hartes Match. Am Mittwoch gab es im Ministerrat wegen des zwischen den USA und der EU geplanten Freihandelsabkommens TTIP einen veritablen Streit zwischen Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP).

Faymann wollte einen Regierungsbeschluss fassen, um die Bedenken des Parlaments zu untermauern. "Damit soll ein Abkommen, das soziale Standards, Umweltstandards oder Standards im Konsumentenschutz untergräbt, abgelehnt werden", verkündete Faymann im Vorfeld.

Strittiger Investorenschutz

Im Hohen Haus hatten sich SPÖ, ÖVP, Grüne und Neos im September auf einen gemeinsamen Entschließungsantrag geeinigt, in dem die Sinnhaftigkeit von Investorenschutzklauseln in Frage gestellt wurden. Diese räumen Konzernen Sonderklagerechte gegenüber Staaten ein. Der Antrag bezog sich zwar auf das geplante Freihandelsabkommen mit Kanada (Ceta), dieses gilt aber in vielen Bereichen als Vorlage für TTIP.

Nach der Regierungssitzung verkündete Faymann, dass mit der ÖVP kein Beschluss möglich gewesen sei, was wiederum den neben ihm stehenden Mitterlehner auf die Palme brachte. Im Pressefoyer argumentierte er noch sachlich. Bei TTIP sei die EU-Kommission mit den Verhandlungen beauftragt, außerdem sei die Sachlage längst überholt. Auch der deutsche SPD-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel sei voll des Lobes für TTIP. Daher stehe die ÖVP nicht für einen weiteren Beschluss zur Verfügung. Zusatz: Die grundsätzlichen Anliegen des Parlaments, nämlich Transparenz bei TTIP, vertrete man selbstverständlich weiter.

"Klarer Angriff"

Nach der Pressekonferenz bezeichnete Mitterlehner die Vorgangsweise Faymanns – TTIP unabgesprochen zu thematisieren - als "unfair". Vor Journalisten sprach er wörtlich von einem "klaren Angriff". Er sehe nicht ein, warum die Regierung etwas beschließen solle, nur weil der Kanzler in einem Medium – gemeint war die "Kronen Zeitung" – punkten wolle. "Das bringt uns international nur in die Patsche", so Mitterlehner.

Im SPÖ-Parlamentsklub zeigte man sich wiederum über Mitterlehner überrascht. SP-Finanzsprecher Jan Krainer erklärte im STANDARD-Gespräch, seit September habe sich inhaltlich nichts geändert. Auch beim Freihandelsabkommen mit Kanada, das zum Teil als Vorlage für TTIP fungiert, sei der Text von der Kommission noch nicht parafiert worden, weil es Widerstand aus einigen Ländern – darunter Österreich – gebe. (go, derStandard.at, 10.12.2014)