Wien/Klagenfurt - Die ÖVP drängt darauf, die Leiterin der Hypo-Untersuchungskommission, Irmgard Griss, als Verfahrensrichterin im anstehenden Hypo-U-Ausschuss einzusetzen, den die Opposition mit Jahresbeginn mit ihrem neu gewonnen Minderheitenrecht einrichten will. Es brauche Präzision im U-Ausschuss, sagte Klubchef Reinhold Lopatka am Mittwochvormittag in der aktuellen Stunde des Parlaments, die sich dem Bericht der Kommission zur Kärntner Problembank widmete. "Wir ersuchen daher, dass sie die Verfahrensrichterin macht."
SPÖ-Klubchef Andreas Schieder findet den schwarzen Vorstoß jedenfalls "eine Überlegung wert" – sofern sich auch die Opposition Griss als Verfahrensrichterin vorstellen könne. Schieder zum STANDARD: "Wir stehen dem offen gegenüber und sind jedenfalls diskussionsbereit." Über das gesamte U-Ausschuss-Verfahren wacht neben dem Vorsitzenden, also einem der drei Parlamentspräsidenten, und dem Verfahrensanwalt demnächst auch noch ein Verfahrensrichter, der die Erstbefragungen und Letztbefragung von Auskunftspersonen durchführt und beratend tätig sein soll. Die Kompetenz dafür brächte Griss mit – sie ist ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofs.
Nachbaur nimmt Haider in Schutz
Der Griss-Bericht sei "ein Sittenbild der österreichischen Politik und der Machtstrukturen in diesem Land", meinte Klubchefin Kathrin Nachbaur, deren Team Stronach das Thema vorgegeben hatte. Die wirklich Verantwortlichen seien noch nicht vor den Vorhang geholt worden. Die Regierung habe sich von den Bayern "gnadenlos über den Tisch ziehen lassen", eine saubere Lösung sei jahrelang verschleppt worden. Sie wolle wissen, wer die Gläubiger zum Zeitpunkt der Verstaatlichung waren: "Wer wurde hier wirklich gerettet auf Kosten der Steuerzahler?" Der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider habe Fehler gemacht, aber der Hauptschaden für die Steuerzahler sei durch die Verstaatlichung und danach entstanden, warf sie Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) vor. Die Entscheidung, eine Bad Bank zu schaffen, sei jahrelang hinausgezögert worden, in Wirklichkeit sei es nur um Wahlen gegangen.
Faymann betonte, er habe nie Zweifel gehegt, dass der Griss-Bericht eine "hohe fachliche und sachliche Qualität" haben werde. Parteipolitische Motive wies der Kanzler vehement zurück: Basis für Entscheidungen auch heute sei stets die Expertise der Nationalbank, des Finanzministeriums, der Finanzmarktaufsicht und der Hypo-Taskforce. Die Untersuchungskommission habe eine klare Stellungnahme zu Kärnten abgegeben, so der Kanzler mit Verweis auf die eingegangenen hohen Landeshaftungen. Was bei kriminellen Vorgängen passiere, die einige Manager der Bank betroffen hätten, sei nicht vom Parlament, der Regierung oder dem Kanzler zu beurteilen, sondern eine "Frage der Gerichte". Es seien auch schon Manager verurteilt worden.
Schieder: Regierung ist Feuerwehr, Brandstifter sind andere
Schieder, einst Finanzstaatssekretär, hielt ebenfalls fest, dass die Kärntner "Blankohaftungen in Milliardenhöhe" der "Angelpunkt" für die Beurteilung der Hypo-Fragen seien. In der Politik werde "oft die Feuerwehr beschuldigt, dass sie einen Brand nicht schnell oder nachhaltig genug gelöscht hat", während die Brandstifter andere seien. Die Entscheidung, die Bank zu verstaatlichen, sei nach den damals vorliegenden Informationen richtig gewesen. Danach hätte man vielleicht manches schneller machen können, aber: "Aus jeder Entscheidung muss man auch für die Zukunft lernen."
Lopatka verteidigt Verstaatlichung
Ausgangspunkt der Causa Hypo sei laut dem Kommissionsbericht Kärnten, betonte auch ÖVP-Klubchef und Ex-Finanzstaatssekretär Lopatka. Dass der Kärntner Landtag die unbeschränkte Haftung für die Verbindlichkeiten der Hypo beschlossen habe, habe bewirkt, dass die Haftungen noch angewachsen seien. Das sei die Ursache dafür gewesen, dass sich 2009 die Bundesregierung "genötigt gesehen" habe, die Hypo zu verstaatlichen, um zu verhindern, dass Österreich zum damaligen Zeitpunkt "international völlig negativ gesehen worden wäre". Kein Verständnis zeigte Lopatka dafür, dass die Opposition die Kommission bei ihrer Einsetzung schlechtgeredet habe und jetzt alle deren Arbeit loben würden. Er schlage vor, Griss zu ersuchen, im kommenden U-Ausschuss die Funktion der Verfahrensrichterin zu übernehmen – das wäre ein Beitrag zur objektiven Klärung, ist Lopatka überzeugt.
Dass die Opposition gegenüber der Kommission skeptisch gewesen sei, nachdem die Regierungsparteien 21 U-Ausschuss-Anträge abgelehnt hätten, "ist klar", konterte FPÖ-Klubchef Heinz-Christian Strache. "Sie haben ja 21-mal bestätigt, dass es Ihnen wichtig ist, zu vertuschen." Vom Griss-Bericht sei er positiv überrascht, gab Strache aber zu. Er konzentrierte seine Kritik naturgemäß auf die Regierungsparteien: Die "Verstaatlichung ohne Not" sei unverantwortlich gewesen, "dort beginnt der Schaden". Auch allen Aufsichtsbehörden konstatierte Strache ein Versagen. Man werde jedenfalls einen U-Ausschuss sicherstellen.
Kogler will wissen, wer profitierte
Auch der Grüne Hypo-Experte Werner Kogler räumte ein, vom Griss-Bericht positiv überrascht zu sein – wiewohl es die Kommission ohne den Druck der Opposition, der Öffentlichkeit und der Medien erst gar nicht gegeben hätte. Bestimmte Dinge habe die Kommission auch nicht untersucht, etwa die Motive und Interessenlagen. "Wer waren die Begünstigten, wer waren die Profiteure? Auch das werden wir anschauen müssen." Inhaltlich kritisierte er, dass sich SPÖ und ÖVP auf ihre falschen Berater hinausreden würden. Dass sich die Republik den Schaden rückimportiert habe, sei "unverzeihlich".
Die entscheidende Frage für Neos-Finanzsprecher Rainer Hable ist: "Wo ist das ganze Geld hin?" Wissen will der Abgeordnete aber auch: "Warum ist das Geld weg?" Es gehe um einen Schaden von 15 bis 20 Milliarden Euro. "Das ist moderner Bankraub", so Hable. Bisher seien nur 150 Millionen Euro zurückgeholt worden, da könne man nicht sagen, es sei ohnehin alles okay, denn es werde ja ermittelt. Es liege in Faymanns Verantwortung als Regierungschef, die Ressourcen der Ermittlungsbehörden zu stärken und eventuell einen Sonderstaatsanwalt einzusetzen, richtete Hable dem Bundeskanzler aus. (APA, nw, 10.12.2014)