Album
Naomi Shelton & the Gospel Queens
Cold World

Der heimliche Star des Daptone Labels untermauert mit Cold World seinen Status. Deep Soul und Gospel lehnen sich in behäbiger Eleganz an die funkige Produktion von Gabe Roth an, der diese Damen entdeckt hat. Ein Klassiker im Jetzt und in aller Ewigkeit, Amen.

(Daptone Records)

Foto: daptone records

Song
Brian Eno – Carl Hyde
Someday World

Hätte Brian Eno seine beiden 2014er-Alben mit Karl Hyde zu einem komprimiert, er stünde da jetzt ganz oben. So sind es "nur Songs wie The Satellites oder Daddy’s Car, mit denen der singende Maestro den Pophimmel heuer vergleichslos illuminierte.

(Warp Records)

Foto: warp records

Newcomer
Harry Dean Stanton
Partly Fiction

Er war 87, als er sein Debütalbum Partly Fiction veröffentlichte. Harry Dean Stanton, ewig wilder Hund eines verlorengegangenen Hollywood, singt hier im Wohnzimmer aufgenommene Kleinode aus den Fächern Country und Western. Zum Trinken schön.

(Omnivore Records)

Foto: Omnivore Records

Österreich
Ernst Palicek
Summer in Wien

Die Sommerhymne für Zuhause bleiber. Aus der Schnittmenge von, nun ja, Hip-Hop und Alleinunterhalterelend destillierte Ernsti eine Ode ans Leben an der Donau und landete einen Youtube-Hit. Besser konnte ein verhauter Sommer nicht (ver)enden.

(Up My Alley)

Foto: up my alley

Neuauflage
O. V. Wright
8 Men and 4 Women

Über Legalität denkt man nicht nach, wird ein Album des größten Deep-Soul-Sängers aller Zeiten neu aufgelegt. Willie Mitchell übte 1968 mit O. V. Wright zum zweiten Mal jene Formel, mit der Al Green ein Weltstar wurde. Das hier ist roh, intensiv, unerreicht.

(Backbeat)

cover: backbeat

Helden
Dave and Phil Alvin
Common Ground

Die von den Blasters bekannten Brüder Alvin interpretieren zusammen Songs eines Helden ihrer Jugend: Big Bill Broonzy. Die Resultate fahren wie Sau, jubilieren und sind so dreckig wie der Ohio River, der gerade unter der Tür reinkommt und das Haus davonträgt.

(Yeproc/Trost)

cover: yeproc

Weitere Highlights
Bryan Ferry
Avonmore

Nach kurzer Schrecksekunde – "Avanmore" klingt wie "mehr von Avalon" – Entwarnung. Das 2014er-Album von Bryan Ferry schließt wohltuend an sein letztes überzeugendes Werk "Frantic" (2002) an. Die zweite Seite fällt etwas ab, die erste ist Gold.

(BMG)

Foto: BMG

Element of Crime
Psycho

Bevor EOC es sich im Vorruhestand ihrer Gegenwart gemütlich schunkelnd eingerichtet haben, legten sie 1999 mit "Psycho" eines ihrer besten Alben vor. Mit Liedern wie "Jung und schön", "Michaela sagt", "Jetzt musst du springen" und anderem Edelmetall. Heuer ist es auf Vinyl wiederveröffentlicht worden. Keine Sekunde zu früh.

(Vertigo)

Foto: Vertigo

Kate Tempest
Everybody Down

Zwischen wortgewaltig und geschwätzig ist es oft ein schmaler Grat. Kate Tempest kommt auf ihrem vielsilbigen Album nie in die Nähe des Mühsamen. Reduziert swingende Beats schmiegen sich an ihre Stories. Grandioser Soundtrack für die U-Bahn zwischen all den Smartphon-Zombies. Was wurde eigentlich auch Mike Skinner?

(Big Dada)

cover: big dada

Gonga
Black Sabbeth

Die schwer verdrogte britische Steinigerrockformation haut sich mit Freudensprung Beth Gibbons von Portishead auf ein Packel und produziert nach der Veröffentlichung ihres Fortgeschrittendrogenmeisterwerks "Concrescence" von 2013 diese EP. Alle Macht den Drogen und dem Schmerz. Das einzig klare hier, ist das Vinyl.

(Tonehenge)

cover: Tonehenge

Los Lobos
Colossal Head

Während Beck und Ween Mitte der 1990er-Jahre als die Könige verdrehter Heimaufnahmen weltberühmt wurden, veröffentlichten Los Lobos, ihrer Natur nach stringenter, aber nicht weniger genialisch, dieses Album. Experimenteller Roots-Rock, wenn man so will, der mit Songs wie "Life ist Good", "Everybody Loves a Train" oder "Can’t Stop the Rain", "Mas Y Mas", "Little Japan", "Revolution" (hey, das sind ja fast alle Songs!) geheime Welthits offenbart. Erstls auf Vinyl! (Öha, schon Ende 2013 erschienen, wurscht).

(Yep Roc)

Foto: yep roc

The Body
I Shall Die Here

Lebensunwilliger Metal mit brutalen sonischen Auswüchsen setzt an die Swans alt aussehen zu lassen. Gut, das ist keine Kunst, die Swans sind alt. Das US-Duo malt zäh und brutal durch Nacht. Irgendwie super, man ist aber auch froh, die Pubertät nicht noch einmal durchleben zu müssen – mit dem hier als Soundtrack.

(Rvng Intl.)

Foto: Rvng Intl.

Ben Vaughn
Texas Road Trip

Ein Sammlung unschlagbarer Bierzeltklassiker für die Ewigkeit hat Ben Vaughn mit "Texas Roadtrip" veröffentlicht. Für das Authentizitätssiegel des größten lebenden Fans des Sir Douglas Quintett sorgt dabei August "Auggie" Meyer an der Farfisa Orgel. Titel wie "Boomerang", "Miss Me When I’m Gone" oder "She Fell out the Window" machen das Leben schöner.

(Munster)

cover: Munster

The Afghan Whigs
Do to the Beast

20 Jahre nach dem Meilenstein "Gentleman" wiedervereinen sich Afghan Whigs und überraschen mit einem geilen Rockalbum, das keinen schwachen Moment aufweist. Der Nerd legt wert darauf, die Loser Edition des Albums zu besitzen.

(Sub Pop)

cover: Sub Pop

Godflesh
A World Lit Only By Fire

Nachdem im Vorjahr das grandiose Abschiedsalbum "Hymns" aus 2001 erstmals auf LP veröffentlicht wurde, legten die britischen Godflesh 2014 ihr Reunionalbum vor. Knüppelhart und stellenweise in der Big-Black-Schule angesiedelt, erfreuen Godflesh mit der Unbarmherzigkeit des Alters. Wir haben alles gesehen, alles ist scheiße. Da können sogar The Body noch was lernen.

(Avalanche)

cover: Avalanche

Blondie

Nach dem souveränen Konzert Ende des Sommers legt die Plattenfirma als Geschenksidee die ersten sechs Alben der Punk-, New Wave- und Pop-Größen neue auf. Blöderweise in einem Schuber, der ein wenig kleinlich geraten ist und bestenfalls für fünf Alben gebaut wurde. Formal also schwächelnd, rein inhaltlich betrachtet ein Traum aus Kür und Pflicht.

(Universal)

Foto: karl fluch

Future Islands
Singles

Ein Auftritt bei David Letterman brachte Future Islands nach einer Reihe sehr guter Alben heuer wohl den Durchbruch. Der dargebotene Ententanz von Frontmann Samuel T. Herring wurde ein viraler Hit im Netz, der Song ist wie alle anderen hier eloquenter Synthie-Pop aus der Klasse von 1984.

(4AD)

cover: 4ad

Chet Faker
Built on Glass

Soul aus Australien. Nicholas James Murphy alias Chet Faker sieht zwar aus wie der Hipster aus der H&M-Auslage, mit "Built on Glass" präsentiert er dennoch sehr gepflegtes Handwerk, wenngleich einem die ewig gleich verhatschten Beats bald am nicht vorhandenen Hipsterarsch in der Dünnbeinchenhose vorbeigehen. Trotzdem.

(Future Classic)

Sam Dees
Take One

Das Werk des viel zu selten gewürdigten Soul-Maestros Sam Dees wird zwar vom britischen Kent Label brav gepflegt, aber es musste 2014 werden, um einige dieser feinspitzigen Auskennerdelikatessen auf Vinyl aufgelegt zu sehen. Deep Soul von rarer Eleganz.

(Kent)

cover: kent

Angel Olsen
Burn Your Fire for No Witness

Zwischen düsterer Lagerfeuerunromantik und heftigeren Ausbrüche aus der Zerknirschtheit zaubert diese Mitstreiterin von Will Oldham ein stimmiges Kleinod, das als eines der wenigen aus dem Folkfach überzeugen konnte.

(Jagjaguwar)

Foto: Jagjaguwar