Salzburg – Der Salzburger Gemeinderat hat dem ehemaligen Leiter des Hauses der Natur, Eduard Paul Tratz, wegen seiner nationalsozialistischen Vergangenheit posthum die Ehrenbürgerschaft aberkannt. Für die Bürgerliste war das ein längst überfälliger Schritt. Bereit 2007 stellten die Salzburger Stadtgrünen einen Antrag, Tratz die Ehrenbürgerschaft abzuerkennen. Für Klubobmann Helmut Hüttinger und Gemeinderätin Ingeborg Haller "bleibt es daher unverständlich, warum es fast acht Jahre gedauert hat – immerhin waren die Fakten längst bekannt".

Wie DER STANDARD berichtete, wurde bisher argumentiert, dass die Ehrenbürgerschaft mit dem Tod von Tratz im Jahr 1977 ohnedies erloschen sei. Nun stellte aber die juristische Expertise der Magistratsdirektion fest, "dass mittlerweile auch dahingehend die Rechtsmeinung vertreten wird, dass bei Personen, die nachweislich keine Ehre über eine Stadt oder Gemeinde brachten, der symbolische Akt der Aberkennung oder Widerrufung ein entsprechendes Signal ist". Der Amtsbericht schlug deshalb vor, Tratz' Ehrenbürgerschaft zu widerrufen. Der Gemeinderat beschloss die Aberkennung einstimmig.

Auch Ex-Mozarteum-Direktor kein Ehrenbürger mehr

Neben Tratz wurde am Mittwoch auch die Ehrenbürgerschaft des Komponisten Josef Reiter widerrufen. Reiter, der einige Jahre Direktor des Mozarteums war, wurde im August 1938 vom damaligen kommissarischen Bürgermeister zum Ehrenbürger der Gauhauptstadt Salzburg ernannt. "In Anerkennung seiner unverbrüchlichen Treue zur NSDAP und in dankbarer Würdigung seiner Verdienste um das Musikschaffen des deutschen Volkes", lautete damals die Begründung, die schon allein beweise, dass sich Reiter der Ehrenbürgerschaft als nicht würdig erwiesen habe, heißt es im Amtsbericht.

Im Oktober wurde Tratz bereits posthum die Ehrendoktorwürde der Universität Salzburg aberkannt, was die neuerliche Diskussion über die Ehrenbürgerschaft ins Rollen brachte. Der 1977 verstorbene Tratz habe sich die Ehrenwürde "erschlichen", hieß es in der Begründung der Uni. Seine gravierenden Verstrickungen in nationalsozialistisches Unrecht seien verschwiegen worden. Tratz habe sich als SS-Hauptsturmführer an Kulturraub-Aktionen in Krakau und auf dem Gebiet der Sowjetunion, aktiv beteiligt. Dabei seien unter anderem Exponate für das Salzburger Haus der Natur requiriert worden.

Träger der höchsten Landesauszeichnung

Der KZ-Verband Salzburg begrüßte die Aberkennung und forderte gleichzeitig, dass nun auch das Land Salzburg handeln müsse und Tratz posthum den Ehrenring des Landes aberkennen sollte. Wie DER STANDARD berichtete, ist Tratz auch Träger des Rings des Landes Salzburg. Die höchste Landesauszeichnung wurde ihm am 25. September 1958 zum 70. Geburtstag für seine Verdienste um das Haus der Natur verliehen. Das Land argumentierte, der Ring könne posthum nicht aberkannt werden, da es keine rechtliche Grundlage nach dem Ehrenzeichengesetz gebe. Der KZ-Verband fordert nun den Landtag auf, "umgehend eine diesbezügliche Gesetzesänderung in die Wege zu leiten". In Oberösterreich hat der Landtag im Sommer 2012 die rechtlichen Hürden für die posthume Aberkennung von Ehrenbürgerschaften mit einer Änderung des Auszeichnungsgesetzes bereinigt.

Auch Bürgerlisten-Gemeinderätin Haller sieht es als "logische Konsequenz, dass das Land nun nachzieht". Angesichts der jüngsten Serie rechtsextremer Straftaten sei es umso wichtiger, dass Salzburg deutliche Signale zur Abgrenzung von jeglicher Nähe zum Nationalsozialismus aussende. Gerade deshalb mache eine Aberkennung der Ehrenbürgerschaft von Tratz auch 69 Jahre nach Kriegsende noch Sinn. (Stefanie Ruep, derStandard.at, 10.12.2014)