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Dass er, wie er heute sagt, die "verschärften Verhöre" der CIA stets abgelehnt habe, glauben CIA-Chef John Brennan nicht alle Kollegen.

Foto: REUTERS/Yuri Gripas

Es sind typisch sperrige Sätze, mit denen sich John Brennan aus der Affäre zu ziehen versucht. "Als Agentur haben wir aus unseren Fehlern gelernt, weshalb meine Vorgänger und ich im Laufe der Jahre verschiedene rehabilitierende Maßnahmen ergriffen haben, um institutionelle Defizite anzusprechen", erklärt der CIA-Chef nach der Publikation des Folterberichts des US-Senats. Seine Agentur habe weder systematisch gelogen noch den Kongress in die Irre geführt.

Abgesehen von republikanischen Freunden George W. Bushs gibt es kaum jemanden, der die Worte für bare Münze nimmt: Brennan war Stabschef der CIA, als 2002 das Folterkapitel begann. Er habe entwürdigende Methoden wie Waterboarding stets abgelehnt, betont er. Von seinen damaligen Kollegen kann sich aber niemand mehr daran erinnern.

Was der heute 59-jährige Arabienexperte wusste und wie aktiv er an dem finsteren Kapitel mitwirkte, ist nicht wirklich geklärt. In Dianne Feinsteins Bericht über die Folterpraktiken wird er nur viermal erwähnt: ausschließlich in den Fußnoten. Zu den glühenden Anhängern "verschärfter Verhöre" gehörte er wohl nicht; doch die Geschichte vom heimlichen Dissidenten nimmt ihm auch keiner ab.

Weiter hoch im Ansehen Obamas

Der Mann sei der Falsche für den CIA-Chefposten, sagt ein Sprecher der Bürgerrechtsliga ACLU: Wie solle ausgerechnet ein langjähriger Insider "seinen Kumpels" eine Kursänderung aufzwingen? Feinstein wirft ihm vor, es in seiner Geheimniskrämerei mit den schwarzen Balken, die brisante Passagen ihres Reports unlesbar machen, grotesk übertrieben zu haben.

Obama scheint aber nach wie vor große Stücke auf Brennan zu halten: Zumindest im Moment lässt nichts darauf schließen, dass er ihn abzusetzen gedenkt. Der Präsident hätte ihn gern schon zu seinem Amtsantritt 2009 an die CIA-Spitze bugsiert. Er verzichtete, weil es sich am Anspruch des bejubelten Hoffnungsträgers, kompromisslos mit dem Bush-Erbe zu brechen, rieb.

Bevor Obama also den Sohn irischer Einwanderer zum CIA-Chef ernannte, hatte er ihn zu einem der obersten Antiterrorstrategen gemacht, angesiedelt im Westflügel des Weißen Hauses, einer Art Leitzentrale des Drohnenkriegs, an der Obama als Alternative zu kostspieligen Truppeneinsätzen großen Gefallen fand. Brennan steuerte einen schönen Spruch zum Strategiewechsel bei: Man arbeite jetzt mit dem Skalpell, nicht mehr mit dem Hammer. (Frank Herrmann aus Washington, DER STANDARD, 11.12.2014)