Wien - Auch in diesem Jahr hat sich die Österreichische Liga für Menschenrechte mit den menschenrechtlich relevanten Ereignissen der vergangenen zwölf Monate auseinandergesetzt: Mit Fällen wie dem verwahrlosten Häftling in der Justizanstalt Krems-Stein standen 2014, so konstatiert die Liga, die Missstände im Strafvollzug im Brennpunkt. Allen voran der Maßnahmenvollzug, wo gemäß der ursprünglichen Idee ein therapeutischer Behandlungsauftrag besteht, müsse dringend reformiert werden, sagte die Präsidentin der Liga, Barbara Helige, bei der Präsentation des Menschenrechtsbefunds 2014 am Mittwoch.

Gesundheitssystem

Helige sprach sich unter anderem dafür aus, psychisch kranke Straftäter im Gesundheitssystem zu behandeln - eine Forderung, die sie mit dem "Bohren sehr harter Bretter" verglich. Kritik übte sie auch daran, dass eine Einweisung in die Maßnahme unbefristet gilt: "Es ist eine außerordentliche Belastung, nicht zu wissen, ob oder wann man entlassen wird."

Es bedürfe zudem einer eigenen gesetzlichen Regelung für das Entlassungsverfahren aus dem Maßnahmenvollzug, fügte die emeritierte Rechtsanwältin Katharina Rueprecht hinzu: "Die Strafprozessordnung regelt klar, wie man in die Maßnahme hineinkommt, nicht aber, wie man wieder hinauskommen kann." Die Gesetzeslage sei widersprüchlich; etwa wenn es um die Verfahrensgarantien geht, die Rueprecht zufolge für die Entlassungsverfahren genauso gelten müssten, wie für jede andere Verhandlung.

Kein Schlusswort erlaubt

Stattdessen habe etwa das Oberlandesgericht Wien kürzlich entschieden, dass ein Verfahrenshelfer zwar anwesend sein, sich aber an der Entlassungsvernehmung nicht beteiligen und kein Schlusswort sprechen dürfe. Dass sich die Verfahrenshelfer selbst nicht auskennen, wie ihr Betroffene oft berichten würden, sei ebenfalls wenig hilfreich. Mit dieser Praxis entspreche Österreich nicht dem Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) - Recht auf ein faires Verfahren.

Infrage zu stellen sei auch die Bestimmung, die dem Gericht vorschreibt, einmal pro Jahr zu entscheiden, ob die Maßnahme verlängert oder aufgehoben wird. Das widerspreche der österreichischen Strafprozessordnung sowie Artikel 5 der EMRK, wo das Recht festgelegt ist, Freiheitsentziehung innerhalb kurzer Frist durch einen Richter prüfen zu lassen.

Informations- und Asylpolitik

Kritik gab es von der Liga auch am Entwurf zum Informationsfreiheitsgesetz (DER STANDARD berichtete) sowie an der Asylpolitik, die Kriegsflüchtlingen keine legale Einreise nach Österreich ermögliche, und sie so in die Hände von Schleppern zwinge. (Christa Minkin, DER STANDARD, 11.12.2014)