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Soldaten wachen über einen US-Atomwaffensilo in Minot, North Dakota. Die USA klagen, in Russland derzeit keinen Partner zum Abbau der Waffen zu haben.

Foto: AP / Charlie Riedel

STANDARD: Wien hat mit der Konferenz zu den humanitären Auswirkungen von Atomwaffen auf einen neuen Impuls für die atomare Abrüstung gehofft. Sehen Sie das?

Angela Kane: Durchaus. Das war die dritte Konferenz zu diesem Thema - und die repräsentativste. Es haben mehr Staaten als zuvor teilgenommen, erstmals auch zwei von den P-5 (die fünf ständigen Mitglieder im UN-Sicherheitsrat und Atommächte USA, China, Russland, Großbritannien, Frankreich), die USA und Großbritannien. Das ist ein sehr positives Zeichen: dass sie bereit sind zu einem Dialog, dass sie sagen: Wir möchten das mit den anderen Nicht-Nuklearstaaten diskutieren.

STANDARD: Ist das eine ernsthafte Bereitschaft?

Kane: Das ist ja keine Verhandlungskonferenz gewesen, sondern eine Informationskonferenz über die Folgen einer möglichen Explosion. Ich sehe das positiv. Und ich hoffe, dass diese Teilnahme dazu führt, dass auch die drei anderen Nuklearstaaten (der P-5) an einer möglichen späteren Konferenz teilnehmen. Das ist ein Dialog, den man mit den Nuklearstaaten auch haben muss. Ohne sie ist es ein bisschen blutlos.

STANDARD: Die Beziehungen zwischen den USA und Russland stecken in einer Krise. Diese beiden Staaten haben mit Abstand die meisten Atomwaffen. Erschwert das auch die atomaren Abrüstungsbemühungen?

Kane: Es ist sicher einfacher, wenn man ein gutes Verhältnis hat. Die USA haben bei der Konferenz erklärt, dass man einen Partner brauche. Das heißt, man kann das nicht alles unilateral machen. Da haben sie auch recht - und es ist schade, dass dieser Partner momentan nicht bereit ist, größere Schritte zu setzen. Aber es hat in den letzten Jahren Schritte gegeben, die sehr positiv waren, und darauf muss man aufbauen. Die Zusammenarbeit geht ja weiter, aber eben nicht so, wie andere Nicht-Nuklearstaaten das vielleicht erhofft haben. Für die nächsten Monate kann man allerdings nicht viel erwarten.

STANDARD: Die USA haben eine internationale Partnerschaft zur Verifikation von nuklearer Abrüstung vorgeschlagen. Was halten Sie davon?

Kane: Das ist ein guter Schritt in die richtige Richtung. Es hat öfter die Frage gegeben, woher wir überhaupt wissen, dass abgerüstet worden ist. Auch die Ziffer von noch 17.000 Nuklearwaffen, die immer genannt wird, ist eine Schätzung. Wenn man das nicht verifiziert, weiß man nicht, wie viele überhaupt da sind. Die Transparenz, die eine solche Initiative hineinbringen könnte, finde ich sehr begrüßenswert.

STANDARD: Ende April 2015 findet eine Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrags (NPT) statt, bei der harte Verhandlungen erwartet werden. Die Konferenz in Wien diente vielen Nicht-Atomwaffenstaaten auch als eine Art Vorlauf, um auf atomare Abrüstung zu drängen.

Kane: Man darf das nicht direkt koppeln, weil das Thema der humanitären Konsequenzen doch ein anderes ist. Es hat einen Einfluss, aber man sollte das nicht als Druckmittel verwenden, um an die Nuklearmächte heranzutreten. Der Nachteil ist auch, dass vier Nuklearstaaten nicht im NPT drin sind (Indien, Pakistan, Nordkorea, Israel, Anm.), das ist also eine Debatte, die man nur mit den P-5-Staaten haben kann. Das ist ein großes Manko. (Julia Raabe, DER STANDARD, 11.12.2014)