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59 Prozent der Österreicher schätzen die Union als "fern" ein.

Foto: apa/Fohringer

Wien - 20 Jahre nach dem Beitritt zur Europäischen Union ziehen die Österreicher eine durchwachsene Bilanz. 57 Prozent halten den Beitritt nach wie vor für eine richtige Entscheidung, 67 Prozent wollen in der EU bleiben. Allerdings spricht sich ein Viertel für einen Austritt aus. Kritik gibt es vor allem an der Komplexität der Union. 93 Prozent der Befragten halten die EU für zu kompliziert. Das geht aus einer Studie der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE) hervor, die am Donnerstag in Wien präsentiert wurde.

EU als Friedensstifter

85 Prozent der 1.040 Befragten halten die EU für wirtschaftlich wichtig, mehr als zwei Drittel meinen außerdem, dass sie "friedensstiftend" wirke. "Vor dem Hintergrund der aktuellen Konflikte in der europäischen Nachbarschaft ist das Friedensargument entscheidend", erklärte Paul Schmidt von der Gesellschaft für Europapolitik. 59 Prozent schätzen die Union als "fern" ein. Eine EU-Erweiterung lehnen 61 Prozent der Befragten ab, die Einführung des Euro als gemeinsames Zahlungsmittel hingegen bewerten 61 Prozent positiv.

In der Frage, ob die EU-Mitgliedschaft mehr Vor- oder Nachteile für das Land bringe, sind die Österreicher geteilter Meinung: Knapp die Hälfte spricht sich für ein Überwiegen der Vorteile aus, 37 Prozent sind hingegen eher skeptisch, 13 Prozent sehen weder Vor- noch Nachteile.

Große Betriebe profitieren

Für 86 Prozent profitieren vor allem große Betriebe von der Mitgliedschaft. Auch für Schüler, Studierende und Lehrlinge gibt es eher mehr Vorteile als Nachteile, meinen 52 Prozent der Befragten. Benachteiligt sind laut 58 Prozent der Österreicher kleine und mittlere Unternehmen, für mehr als die Hälfte der Befragten trifft das auch auf Landwirte zu.

25 Prozent für Austritt

Obwohl mehr als zwei Drittel der Österreicher in der EU bleiben möchten, sprechen sich auch 25 Prozent für einen Austritt aus. "Das darf man nicht ignorieren und nur Sonntagsreden halten", meinte dazu Arbeiterkammer-Präsident Rudolf Kaske. Vor allem die hohe Jugendarbeitslosigkeit - unter den 24,5 Millionen Arbeitslosen in Europa sind 5 Millionen Personen unter 25 Jahren - bereite ihm Sorgen. "Ich habe das Gefühl, dass man die Jugendlichen oft alleine lässt und eine ganze Generation hoffnungslos heranwächst."

"Diese Umfrage spiegelt die Realität wider und zeigt uns auch, dass wir noch einige Baustellen vor uns haben", meinte auch Erich Foglar, Präsident des Österreichischen Gewerkschaftsbundes.

Wirtschaft sieht Grund zum Feiern

"20 Jahre EU-Beitritt sind auf jeden Fall ein Grund zum Feiern. Denn bei allen Verbesserungen, die auf Ebene der EU möglich und nötig sein mögen - die EU hat Österreich mehr Exporte und mehr Wachstum und damit auch mehr Jobs gebracht", hieß es am Donnerstag dazu in einer Aussendung des Generalsekretärs der Industriellenvereinigung, Christoph Neumayer. Auch Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl betonte, dass es in Österreich ohne den EU-Beitritt heute 93.000 Arbeitslose mehr geben würde, auch das Preisniveau wäre in diesem Fall um 4,5 Prozent höher. Kritik übte er jedoch an der EU-Allergenverordnung, die er als "himmelschreiend" und "bürokratischen Mist" bezeichnete.

"Trotz aller Schwächen und Kritikpunkte ist Europa das faszinierendste Projekt in der Geschichte. Es ist der freiwillige Zusammenschluss von Ländern, die sich über Jahrhunderte hinweg bekriegt haben, und eine Veränderung von einem massiven mörderischen Gegeneinander hin zu einem friedlichen Miteinander", so Leitl. (APA, 11.12.2014)