Wifo-Expertin Margit Schratzenstaller fordert eine "Vision 2025".

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Wien - Wifo-Expertin Margit Schratzenstaller will zwar nicht direkt die Modelle der beiden Regierungsparteien für eine Steuerreform bewerten, sie hat aber selbst konkrete Vorstellungen wie eine Reform aussehen sollte. Daraus ergibt sich, wie sie im Gespräch mit der APA erläuterte, dass sie weder dem Konzept der SPÖ noch jenem der ÖVP zustimmen würde.

Ökologie berücksichtigen

Schratzenstaller wünscht sich eine "Vision 2025", eine Vorstellung wie das Steuersystem in zehn Jahren aussehen sollte. Notwendig wäre dabei ihrer Ansicht nach, einerseits die hohe, über dem EU-Schnitt liegende Abgabenquote zu senken. Andererseits müsse es auch um eine Änderung der Abgabenstruktur gehen. Dabei wünscht sie sich unabhängig von der Höhe ein Konzept mit einem langfristigen Stufenplan. Die Struktur der Abgaben müsse anders gestaltet und einfacher werden, Wachstum und Beschäftigung fördern sowie die Ökologie berücksichtigen.

Faktor Arbeit entlasten

Zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung setzt Schratzenstaller vor allem auf eine Entlastung des Faktors Arbeit sowie der unteren und mittleren Einkommen. Dabei hat sie nicht nur die Arbeitnehmer, sondern auch die Unternehmer im Auge. Denkbar sind dabei für sie sowohl die von der ÖVP geforderte Senkung der Sozialversicherungsbeiträge als auch die von der SPÖ gewünschte Anhebung der Negativsteuer.

Die Senkung der SV-Beiträge hätte den Vorteil, dass sie sofort auf dem Lohnzettel sichtbar wäre. Allerdings drohten dadurch Leistungskürzungen, die man wieder ausgleichen müsste. Die Anhebung der Steuergutschrift für Niedrigverdiener wäre zwar einfacher, hätte aber den Nachteil, dass man es erst im Nachhinein sieht und auch nur dann bekommt, wenn man es über den Steuerausgleich beantragt. Schratzenstaller verweist darauf, dass eine Entlastung der unteren und mittleren Einkommen vor allem auch den Frauen zugute käme.

Umweltsteuern anheben

Anheben würde die Wifo-Expertin die im internationalen Vergleich moderaten Umweltsteuern - einen Bereich den weder SPÖ noch ÖVP im Programm haben. Dabei geht es Schratzenstaller nicht so sehr um Einzelmaßnahmen, sondern um ein Gesamtkonzept im Rahmen eines Stufenplanes. Reichen könnten die Maßnahmen dabei ihrer Ansicht nach von den Treibstoffpreisen über die Pkw-Maut bis zu einer CO2-Steuer.

Millionärsabgabe problematisch

Im Bereich der Vermögensbezogenen Steuern hält die WIFO-Expertin nichts von einer Substanzbesteuerung von Vermögen, wie sie die SPÖ mit ihrer Millionärsabgabe fordert. Einerseits wäre das problematisch wegen des Bankgeheimnisses, andererseits könnten hohe Finanzvermögen auch ins Ausland ausweichen.

Begrüßen würde Schratzenstaller aber die ebenfalls von der SPÖ verlangte Wiedereinführung der Erbschaftssteuer. Diese hielte sie für eine "gute Alternative" zu Vermögenssteuern, Schratzenstaller verweist darauf, dass es diese in 19 EU-Ländern gibt. Allerdings würde sie dabei großzügige Freibeträge vorsehen sowie Stundungen für Unternehmer, um Betriebsübergaben nicht zu gefährden.

Grundsteuer erhöhen

Erhöhen würde Schratzenstaller auch die Grundsteuer. Dabei geht es ihr nicht um die Grundsteuer A für die Landwirtschaft sondern um die Grundsteuer B, wo man die Bemessungsgrundlage der veralteten Einheitswerte an den Verkehrswert heranführen sollte.

13. und 14. Monatsgehalt besteuern

Um das System einfacher zu gestalten fordert Schratzenstaller eine deutliche Reduzierung der Ausnahmen bei der Einkommens- und der Umsatzsteuer. Schlachten würde sie dabei auch eine sogenannte heilige Kuh - die Begünstigung für den 13. und 14. Monatsgehalt "gehört weg". Sie argumentiert, dass dies vor allem hohen Einkommen zugute komme und intransparent sei. Dadurch betrage nämlich der Spitzensteuersatz de facto weniger als 44 Prozent und auch die Unternehmer hätten mit dem Gewinnfreibetrag eine Gestaltungsmöglichkeit. "Die nominellen 50 Prozent zahlt niemand", aber im internationalen Vergleich stehe Österreich mit den 50 Prozent schlecht da. Schratzenstaller fordert daher, stattdessen den Steuertarif zu senken. Auch die Steuerbegünstigung bei den Überstunden würde sie "zumindest einschränken".

System vereinfachen

"Vorbehaltlos durchforsten" würde Schratzenstaller auch den Katalog der niedrigeren Sätze bei der Umsatzsteuern (Mehrwertsteuer). Sie verweist darauf, dass dies auch die OECD erst diese Woche vorgeschlagen habe. Außer Streit stellen würde sie dabei Lebensmittel, Mieten oder den öffentlichen Verkehr, vieles andere würde sie aber streichen.

Schratzenstaller geht es grundsätzlich nicht so sehr um die Mehreinnahmen sondern darum, das System einfacher zu gestalten und weniger anfällig für die Möglichkeiten der "Gestaltung" zu machen. (APA, 11.12.2014)