Klosterneuburg - Bei der Kommunikation zwischen Nervenzellen bzw. zwischen Nerven- und anderen Zellen wird ein ankommendes elektrisches in ein chemisches Signal umgewandelt. Das ankommende Signal erzeugt dabei eine Spannungsänderung, die über spezielle Kanäle Kalzium einströmen lässt. Dieses bindet an Kalziumsensoren, die wiederum in kleine Bläschen verpackte Neurotransmitter in Bewegung setzen. Diese Botenstoffe werden im synaptischen Spalt freigesetzt und erreichen schließlich die benachbarte Zelle, wo sie an spezielle Rezeptoren binden. Dieses chemische Signal wird schließlich wieder in ein elektrisches umgewandelt.

Schon seit längerem ist dabei an den Synapsen zwischen Nerven- und Muskelzellen ein rätselhaftes Phänomen bekannt: Die Menge der Neurotransmitter hängt in hohem Maße von der Kalzium-Menge in der Synapse ab: Je mehr Kalzium an die Sensoren bindet, desto mehr Botenstoffe werden freigesetzt. Allerdings ist die Zeit, in der Neurotransmitter freigesetzt werden, die sogenannte "time course of release" (TCR), von der Kalzium-Konzentration unabhängig.

Mögliche Erklärung

Im Fachjournal "eLife" berichten nun Itaru Arai und Peter Jonas vom Institute of Science and Technology (IST) Austria , dass sie dieses Phänomen auch bei Synapsen im Gehirn beobachtet haben - und zwar zwischen Korb- und Purkinjezellen im Kleinhirn. Die Wissenschafter haben die Vorgänge modelliert und eine mögliche Erklärung für das Paradoxon gefunden.

Das Phänomen dürfte daran liegen, dass die Kalzium-Kanäle und die Sensoren für die Ausschüttung der Neurotransmitter so eng beisammen liegen. "Wenn die beiden Moleküle sehr dicht beieinander sind, folgt die Aktivierung des Sensors direkt nach der Öffnung der Kalziumkanäle, seine Aktivierungskinetik wird damit unabhängig von der genauen Kalziumkonzentration", so Jonas.

Dass die TCR unabhängig von der Kalzium-Konzentration immer konstant ist, spielt möglicherweise auch eine Rolle bei der Signalübertragung. So greifen viele Neuromodulatoren, seien es vom Körper selbst produzierte oder Medikamente, an den Kalziumkanälen an. Sie können somit selektiv die Amplitude von Signalen regulieren, ohne den Zeitverlauf zu beeinflussen. "Das könnte in Mikroschaltkreisen von Bedeutung sein, in denen das Timing eine herausragende Rolle spielt, wie etwa im Kleinhirn", so Jonas. (APA, derStandard.at, 14. 12. 2014)