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Die vollen Auftragsbücher von Airbus lassen Investoren kalt. Weil der Gewinn bis 2016 nicht rasant steigen wird, strafen sie die Aktie ab.

Foto: Reuters/DUVIGNAU

Vollzieht Airbus eine Bruchlandung? Fast könnte man es meinen, nachdem der Aktienkurs des europäischen Konsortiums am Mittwoch mehr als zehn Prozent und am Donnerstag rund sechs Prozent an Wert verloren hat - der stärkste Einbruch seit dem Krisenjahr 2008. Der äußere Anlass war eine doppelte Meldung: Qatar Airways storniert die Erstauslieferung des neuen Langstreckenflugzeugs A350 aus unerfindlichen Gründen; und beim Riesen-Airbus A380 denkt die Direktion über sparsamere Motoren nach, um die Produktion des Doppelstöckers nicht herunterfahren oder gar einstellen zu müssen.

Beides ist an sich kein ausreichendes Motiv für einen Crash an der Börse, der vier Milliarden Euro an Kapitalwert zerstört. Qatar Airways hatte sich schon im Sommer bei einer A380-Annahme geziert - offenbar wegen eines schlecht vernieteten Teppichs. Warum die Golf-Airline die A350-Feier am Samstag platzen lässt, ist nicht bekannt; bei Airbus geht man hinter vorgehaltener Hand davon aus, dass das Emirat ein "stolzer" Kunde sei, der mit 80 bestellten A350-Maschinen nicht nur Erst-, sondern auch Hauptkunde ist. Am Airbus-Sitz in Toulouse rechnet man nun mit einer Übergabezeremonie nächste Woche.

Der eigentliche Grund für den Aktiensturz ist finanzieller Natur. Airbus-Finanzchef Harald Wilhelm ließ am Mittwoch vor Investoren in London durchblicken, dass der operative Gewinn von Airbus 2016 nicht höher ausfallen werde als 2015. Bisher hatten Experten mit einem Plus von acht Prozent gerechnet.

Umsatz und Gewinn steigen

Das ändert aber nichts daran, dass Umsatz und Nettogewinn von Airbus nach wie vor am Steigen sind. Anders kann es auch gar nicht sein: Die Auftragsbücher an den Werkplätzen in Deutschland, Frankreich, England und Spanien sind prall gefüllt; allein der A350 dürfte bis zum Jahresende auf 800 Bestellungen kommen. Neue Aufträge von Airlines können frühestens 2020 erfüllt werden. Dank seinen Verbundwerkstoffen ist der A350 um 25 Prozent leichter als bisher dominierende US-Konkurrenten und kommt die Airlines damit weniger teuer zu stehen.

Der A350 sichert auf zehn Jahre zehntausende Arbeitsplätze bei Airbus und seinen Zulieferern. Bei einem Katalogpreis von rund 250 Mio. Euro pro Flieger gewährleistet das bereits die Hälfte des gesamten Airbus-Umsatzes, nämlich 30 Milliarden Euro im Jahr.

Zudem ist der A350 nicht der einzige Renner bei Airbus. Finanzchef Wilhelm betonte, die Produktionskadenz des kleineren A320 müsse möglicherweise von 46 Maschinen im Monat um vier weitere erhöht werden, um mit den Bestellungen einigermaßen Schritt zu halten. Das allein würde die hinter den Erwartungen zurückbleibenden Aufträge des A380 mehr als kompensieren.

Fazit: Alles in allem leisten die 63.000 Airbus-Mitarbeiter von der Mechanik über das Marketing bis zum Management ganze Arbeit; von Hamburg über Toulouse bis nach Sevilla sorgen sie dafür, dass Europa mit der Luftfahrtindustrie zumindest eine gutgehende, technologisch zukunftsträchtige Branche hat. Die Finanzinvestoren beeindruckt das nicht über Gebühr - sie interessieren sich nur für die kurzfristigen Gewinnaussichten. (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD, 12.12.2014)