Bild nicht mehr verfügbar.

Shin Eun-mi, die ein freundlich gestimmtes Buch über ihre Nordkorea-Besuche veröffentlicht hat, steht nun im Kreuzfeuer der Kritik. Auf dem Schild vor ihrer Brust fordert sie ein Treffen mit der südkoreanischen Präsidentin Park Geun-hye.

Foto: EPA/YONHAP

Bild nicht mehr verfügbar.

Wunschzettel für die Wiedervereinigung der beiden Koreas auf der südkoreanischen Seite der Grenze.

Foto: REUTERS/Kim Hong-Ji

Bild nicht mehr verfügbar.

Auf der südkoreanischen Seite der demilitarisierten Zone zwischen den beiden Koreas lassen Flüchtlinge aus Nordkorea Ballons mit Flugblättern steigen, die die nordkoreanische Bevölkerung über das Regime von Kim Jong-un aufklären sollen.

Foto: REUTERS/Lim Byung-sik/Yonhap

Dutzende Polizisten haben am Donnerstag die Wohnung und die Büros einer Südkoreanerin gestürmt, eine weitere koreanischstämmige Amerikanerin wurde mit einem Ausreiseverbot belegt. Ihr Vergehen: Die beiden sollen während einer Talkshow, mit der sie derzeit durchs Land touren, das nordkoreanische Regime verharmlost und in einem positiven Licht dargestellt haben. In Südkorea kann das eine mehrjährige Gefängnisstrafe zur Folge haben.

Sympathiebekundungen für Nordkorea

Bei den Beschuldigten handelt es sich offenkundig um Nordkorea-Sympathisantinnen: Die ehemalige Sprecherin der Demokratischen Arbeiterpartei, Hwang Sun, landete bereits 2005 in den Schlagzeilen, als sie während eines Nordkorea-Besuchs ihr Kind per Kaiserschnitt in Pjöngjang gebar – ausgerechnet am Jahrestag der Gründung der nordkoreanischen Arbeiterpartei. Im Dezember 2011 trug sie in aller Öffentlichkeit Schwarz, um dem verstorbenen Kim Jong-il Respekt zu zollen. Die zweite Beschuldigte, Shin Eun-mi, hat über ihre sechs Nordkorea-Besuche ein – gelinde gesagt – freundlich gestimmtes Buch veröffentlicht.

Konkret wird Ihnen nun die Aussage zur Last gelegt, dass Nordkoreaner sich glücklich schätzen könnten, von Kim Jong-un regiert zu werden. Ebenso sollen sie behauptet haben, dass der Großteil der im Süden lebenden Nordkorea-Flüchtlinge am liebsten wieder in ihr Heimatland zurückkehren würde.

Ziemlich dumme Aussagen, ohne Frage. Aber sollten diese per Gesetz verboten werden?

Eingeschränkte Meinungsfreiheit

Wer das nordkoreanische Regime "lobpreist", "fördert" oder propagiert, macht sich laut dem Nationalen Sicherheitsgesetz Südkoreas strafbar. Im Klima des kalten Krieges im Jahr 1948 verabschiedet, wird das Gesetz auch heute noch regelmäßig dazu missbraucht, im Namen der inneren Sicherheit die Meinungsfreiheit einzuschränken. Zu diesem Schluss kam auch ein Bericht von Amnesty International im Jahr 2012.

Facebook-Posts und Twitter-Botschaften

Vor allem betrifft das regelmäßig Nordkorea-Sympathisanten. Im August etwa verwies der Geheimdienst einen chinesischen Studenten des Landes, weil er auf seinem Facebook-Account immer wieder unkommentiert die Ansichten des Kim-Regimes gepostet hatte. 2012 musste ein damals 24-jähriger Fotograf eine Gefängnisstrafe absitzen, nachdem er eine Nachricht des offiziellen Twitter-Accounts von Nordkorea weitergeleitet hatte. "Lang lebe Kim Jong-un!", lautete die Botschaft, und obwohl es sich laut Eigenaussage des Mannes um ein ironisches Zitieren handelte, zeigten die südkoreanischen Behörden keinerlei Nachsicht. Die Paranoia erinnert manchmal stark an die Kommunistenjagd unter Senator Joseph McCarthy in den USA der frühen 50er-Jahre.

Flüchtlinge fühlen sich verhöhnt

Anders sehen das natürlich die Betroffenen: 27.000 nordkoreanische Flüchtlinge leben mittlerweile in Südkorea, der überwiegende Teil hat massiv unter den Gräueln des Regimes gelitten. Für sie mögen solche Aussagen als pure Verhöhnung erscheinen und ihre persönliche Würde verletzen.

Ganz besonders fühlen sich diejenigen Nordkoreaner angegriffen, die als politische Gegner in die berüchtigten Arbeitslager gesteckt wurden. Viele vergleichen die Menschenrechtsverletzungen des Kim-Regimes mit dem Holocaust der Nationalsozialisten – einem Thema, bei dem auch in Österreich Verharmlosungen selbstverständlich unter Strafe stehen.

Gute Absichten beteuert

Die Beschuldigten Hwang und Shin beteuerten in einer Pressekonferenz, dass es ihnen vor allem um das bessere Verständnis zwischen den beiden Koreas gehe. Zudem bezichtigten sie Südkoreas Regierung der Doppelmoral: Diese schütze nämlich weiterhin die sogenannten Flugblattaktivisten, die regelmäßig an der koreanischen Grenze diffamierende Flyer per Ballons in Richtung Norden steigen lassen, wodurch sie die innerkoreanischen Beziehungen erheblich belasten. Auch der südkoreanischen Präsidentin Park Geun-hye sind die Aktivisten ein Dorn im Auge, doch letztlich bleiben ihr die Hände gebunden – aus Achtung der Meinungsfreiheit. (Fabian Kretschmer, derStandard.at, 12.12.2014)