Dass es überhaupt einen religiösen Kontext braucht, um ethische Grundwerte zu transportieren, glaubt nur eine Minderzahl. 77 Prozent der Befragten denken, es geht auch ohne.

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Spätestens wenn die Kinder auf der Welt sind, taucht die Frage auf: Taufen oder lieber nicht? Mit Schuleintritt der Kinder die nächste Entscheidung: Religionsunterricht, ja oder nein? derStandard.at/Familie wollte wissen, wie wichtig Österreichs Eltern die Weitergabe von religiösem Glauben an ihre Kinder ist. Das Wiener Marktforschungsunternehmen Meinungsraum.at hat für die Beantwortung dieser Frage 439 Eltern von Kindern unter 19 Jahren befragt. Dabei zeigt sich ein gesellschaftlicher Riss: So sagen 13 Prozent der Befragten, dass Religion und Spiritualität einen sehr hohen Stellenwert für sie haben, immerhin noch weitere 30 Prozent geben einen "eher hohen" Stellenwert an. Die Mehrheit kann mit Religiosität aber nichts anfangen: So gaben 55 Prozent an, dass diese in ihrem Leben und dem ihrer Kinder keine Rolle spiele.

Welche Werte Kinder haben sollen

Dass jene Eltern, die sich als gläubig betrachten, ihr Wertesystem an ihre Kinder weitergeben wollen, überrascht nicht. 85 Prozent der gläubigen Eltern ist dies ein Anliegen. Umgekehrt setzt sich auch die Haltung der Nichtgläubigen fort: 30 Prozent dieser Eltern meinen, ihre Kinder sollen selbst ihren Weg finden. 41 Prozent empfinden die Weitergabe von religiösen Überzeugungen als "eher unwichtig".

Welche Auswirkungen hat all das auf die Diskussion um den Religionsunterricht? Auch hier zeigt sich ein gespaltenes Bild: 40 Prozent der Eltern sind für einen Religionsunterricht in der Schule, 38 Prozent bevorzugen einen Ethikunterricht. Zehn Prozent der Befragten können sich vorstellen, dass der Religionsunterricht zugunsten der Hauptfächer ersatzlos gestrichen wird. Dass die Gruppen der Befürworter des Ethik- wie des Religionsunterrichts etwa gleich groß sind, überrascht Studienleiterin Roswitha Wachtler von Meinungsraum.at.

Bildungsstand der Eltern hat Einfluss

Die Daten zeigen auch, dass höher Gebildete tendenziell den Ethikunterricht bevorzugen: Unter den Eltern mit Matura oder akademischer Bildung wünschen sich 47 Prozent einen solchen Unterricht für ihre Kinder. Bei den Eltern ohne Matura sprechen sich nur 33 Prozent für ein solches Unterrichtsfach aus. "Dies mag daran liegen, dass der Religionsunterricht, so wie die Eltern ihn selbst kennengelernt haben, höher Gebildeten vielleicht zu 'eng' ist und ein Ethikunterricht viele Fragen unseres heutigen Lebens breiter umfasst als das enge Korsett der Religionen", sagt Wachtler.

Kinder, die nicht glauben

Die Eltern wurden auch befragt, was ihre Kinder selbst von Religion halten. Die Antwort: eher wenig. 64 Prozent der Väter und Mütter glauben, dass Religion für ihre Kinder eine "eher geringe" bis "sehr geringe" Bedeutung habe. Nur sieben Prozent der Eltern meinen, dass die Bedeutung "groß" sei, und 26 Prozent glauben, dass Religion eine "eher hohe" Bedeutung für den Nachwuchs habe.

Natürlich wäre es "treffsicherer, die Kinder selbst zu befragen", sagt Studienautorin Wachtler, jedoch zeige die Einschätzung der Eltern eine eindeutige Tendenz.

Mehrheit Katholiken

Die Mehrheit der Befragten fühlt sich übrigens der römisch-katholischen Glaubensgemeinschaft zugehörig (60 Prozent) – 24 Prozent gar keiner. Nur je drei Prozent der Befragten gaben den Islam beziehungsweise die evangelische Glaubensgemeinschaft an. Je ein Prozent der Befragten ordnen sich dem Buddhismus, den Zeugen Jehovas oder der orthodoxen Gemeinschaft zu.

Dass es überhaupt Religion brauche, um ethische Werte zu transportieren, glaubt nur eine Minderzahl der Befragten: 77 Prozent denken, dass Werte auch ohne Glauben weitergegeben werden können. Interessantes Detail: Das sehen auch 68 Prozent jener Eltern so, die sich selbst als gläubig bezeichnen. (Peter Mayr, derStandard.at, 15.12.2014)