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Finanzminister Hans Jörg Schelling darf sich freuen: Am Dienstag bekommt er offiziell Lesestoff von der Expertenarbeitsgruppe

Foto: apa/schlager

Wien - Faul waren die roten und schwarzen Steuerexperten nicht. Die von der Regierung eingesetzte Gruppe hat seit 13. Juni auf mehr als 200 Seiten dutzende "Handlungsoptionen" für eine Steuerreform ausgearbeitet. Am Freitag wurde ein letztes Mal getagt, über das Wochenende wird noch redigiert, und am Dienstag wird das Konvolut an Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) übergeben. Eine Rohfassung liegt dem STANDARD bereits vor.

Was schon länger klar war: Bei den ideologisch belasteten Fragen einer Erbschafts- oder Vermögenssteuer konnte die Arbeitsgruppe keinen Konsens erzielen. Auch beim Punkt, wie ein neuer Steuertarif aussehen könnte, beschränkt sich der Bericht auf die Gegenüberstellung von SPÖ- und ÖVP-Modellen. Beim heiklen Thema, welche Steuerausnahmen gestrichen oder reduziert werden sollen, gab es zumindest in Teilbereichen eine Einigung. Vom angestrebten Volumen von 800 bis 900 Millionen ist man freilich noch weit entfernt. Aber der Reihe nach:

  • Dienstautos Wer ein Firmenauto privat nutzt, muss derzeit nur 1,5 Prozent der Anschaffungskosten als Sachbezug versteuern. Künftig wird diese Grenze nur noch für Pkws mit niedrigem CO2-Ausstoß gelten, ansonsten sollen es zwei Prozent ein. Der Staat kommt dadurch zu Mehreinnahmen von 50 Millionen Euro pro Jahr.
  • Kommanditgesellschaften Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft und stille Beteiligte sollen Verluste aus diesen Beteiligungen nicht mehr mit anderen Einkünften verrechnen dürfen. Das bringt dem Finanzminister 30 Millionen.

Konsens herrscht noch bei ein paar kleineren Sonderregeln. So soll der Landarbeiterfreibetrag ebenso gestrichen werden wie die Mietzinsbeihilfe (bringt je eine Million Euro). Aufgelistet sind dann noch zahlreiche andere Ausnahmeregelungen, bei denen "weitgehend Einigkeit" herrscht, wobei aber mit Details gegeizt wird.

So sei zu "prüfen", ob Auslandszulagen von Beamten "der Höhe nach richtig bemessen werden". Theoretisches Sparpotenzial: 20 Millionen. Mitarbeiter von Beförderungsunternehmen (vor allem der ÖBB) und deren Angehörige können derzeit steuerfrei unentgeltliche oder verbilligte Fahrten in Anspruch nehmen. Diese Befreiung "erscheint in ihrer konkreten Ausgestaltung nicht sachgerecht".

Bei der Abzugsfähigkeit von Spenden (sie verursacht aktuell einen Steuerausfall von 60 Mio.) wird kritisiert, diese sei verwaltungsaufwändig und schwer zu kontrollieren. Vorgeschlagen wird daher, "die Förderung von NGOs außerhalb des Steuerrechts" zu regeln. Das Sparpotenzial bleibt unerwähnt.

Ähnlich verhält es sich bei den diversen Pendlerförderungen. Vorgeschlagen wird, die kleine und die große Pendlerpauschale zusammenzufassen und die Förderungen zwischen Bund und Ländern abzustimmen. Das "Jobticket" (der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer ein Öffiticket steuerfrei zur Verfügung stellen) könne sogar ausgeweitet werden. Ob man aber in Summe in diesem Bereich weniger ausgeben soll (derzeit 500 Mio. Euro), bleibt offen.

Hoffnung auf ein neues Goodie dürfen sich ausländische Wissenschafter machen. Um deren Zuzug zu fördern, ist an einen Zuzugsfreibetrag gedacht (Steuerfreiheit für 30 Prozent des Einkommens).

Dann hört sich der Konsens aber schon auf: An der Sinnhaftigkeit von steuerlichen Pauschalen für bestimmte Berufsgruppen (die SPÖ nennt gerne die Landwirte) wird zwar gezweifelt, auf konkrete Änderungsvorschläge konnte man sich aber nicht einigen. Ähnliches gilt für jene Branchen, die jetzt pauschal Werbekosten absetzen können (etwa Künstler, Forstarbeiter oder Journalisten).

Die Beinaheüberraschung

Beim steuerlichen Umgang mit der privaten Altersvorsorge stand man knapp vor einem Überraschungscoup, der zu deutlichen Einsparungen geführt hätte. Schließlich wurde aber auch dieses Thema auf Dissens gestellt, die ÖVP plädiert nun für eine zusätzliche Begünstigung der betrieblichen Vorsorge, die sogar zu Mehrkosten führen würde. Das will vor allem VP-Verhandlungsführer Andreas Zakostelsky, der auch Chef der zu Raiffeisen gehörenden Pensionskasse Valida ist.

Das SP-Team unter Führung von AK-Direktor Werner Muhm lehnte schließlich ab. Vor allem auch, weil die Schwarzen nicht bereit waren, die Bildungsprämie für Unternehmen zu kürzen.

Mehrwertsteuer Sache der Politik

Bei den öffentlich vieldiskutierten reduzierten Mehrwertsteuersätzen zogen sich die Schwarzen auf den Standpunkt zurück, das sei Sache der "politischen Ebene". Die SPÖ wollte unter anderem reduzierte Steuersätze auf Pflanzen, kulturelle Dienstleistungen, Luftverkehr und Ab-Hof-Wein streichen.

Nun liegt es an der politischen Runde rund um Kanzler Werner Faymann und ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner, all diese offenen Fragen zu klären. Ab 17. Dezember wird auf höchster Ebene verhandelt. Wie berichtet, möchte die SPÖ fast sechs Milliarden Euro in eine Tarifsenkung stecken. Die ÖVP plant insgesamt mit einem Volumen von fünf Milliarden, will aber einen Teil für Familien und Wirtschaft abzwacken.

Im Familienbereich gingen die schwarzen Experten sogar über die von Mitterlehner präsentierten Pläne hinaus. Die Mehrkosten der ÖVP-Vorschläge belaufen sich auf 1,1 Milliarden, Mitterlehner sprach nur von 400 Millionen. (Günther Oswald, DER STANDARD, 13.12.2014)