Wien – In Italien oder Griechenland ist die Belegpflicht längst Usus. Wer ohne Rechnung ein Restaurant verlassen will, wird mitunter sogar schief angeschaut. Die SPÖ möchte auch in Österreich zahlreiche Schlupflöcher schließen, um Steuerbetrug zu erschweren. Die Belegpflicht soll durch eine Beleglotterie ergänzt werden, die es bereits in der Slowakei, Kroatien und Portugal gibt.
Der Konsument kann dabei Rechnungen an die Finanz schicken und etwas gewinnen. Der Hintergedanke: Wenn der Betrieb nicht weiß, ob ein Beleg an die Finanz geschickt wird, animiert das zu Steuerehrlichkeit. Was die Wirtschaft ebenfalls in Atem hält: Die Roten drängen auch auf eine Registrierkassenpflicht. Derzeit ermitteln drei Viertel der Betriebe den Umsatz per Kassensturz, was Kontrollen im Nachhinein schwierig bis unmöglich macht. Zusätzlich wird noch vorgeschlagen, für Angebot, Besitz und Verwendung von Manipulationsprogrammen ein finanzstrafrechtliches Delikt zu schaffen.
Viele Länder strenger
Ein Ländervergleich, der dem Expertenbericht bezüglich der Steuerreform zu entnehmen ist, zeigt, dass es derzeit in zahlreichen EU-Ländern strengere Regelungen als in Österreich gibt.

Zur Unterscheidung der Begriffe: Bei Speicherkassen werden die Daten auf mechanisch gesicherten (zum Beispiel verplombten) Speichermodulen abgelegt. Kommt eine digitale Signatur zum Einsatz, werden die Daten selbst mittels Kryptografie vor Manipulation gesichert. GPRS-Übertragung meint, dass die Kassendaten direkt an die Finanz geschickt werden.
Hoffen auf "Insika"
Die SPÖ denkt an ein Modell mit digitaler Signatur. Die Konzepte dazu sind bereits ausgefeilt. In Deutschland gab es ein umfassendes Forschungsprojekt der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt, an dem sich auch das heimische Finanzministerium beteiligt hat. Es ist unter dem Kürzel "Insika" (Integrierte Sicherheitslösung für messwertverarbeitende Kassensysteme) bekannt.
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Das Grundprinzip: Jede Registrierkasse müsste mit einer speziellen Smartcard aufgerüstet werden. Mit dieser Karte werden alle Buchungsdaten verschlüsselt, sie können also nicht mehr unerkannt verändert werden. Ein großer Teil der am Markt befindlichen Registrierkassen könnten laut SPÖ umgerüstet werden.
Staat müsste Smartcards einkaufen
Die Kosten für die Smartcards, die der Staat zentral einkaufen und auf Antrag ausgeben würde, halten sich mit rund 50 Euro in Grenzen. Wer noch keine elektronische Kasse hat (bei Jahresumsätzen unter 150.000 Euro gibt es keine Verpflichtung), müsste mit zusätzlichen Kosten von 100 Euro rechnen.
Die derzeitigen Regelungen in Österreich könnten "in ihrer Wirksamkeit niemals dem Insika-Konzept auch nur nahekommen", resümiert ein heimischer Beamte im Abschlussbericht der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt.
Viele Mängel
Derzeit nehmen es viele Unternehmen offenbar nicht so genau: Die Finanz führte heuer zwischen Jänner und Oktober 1545 Kassenkontrollen durch. Bei 35 Prozent aller Fälle gab es "grobe Mängel" (das heißt, die Umsätze konnten nicht rekonstruiert und mussten deshalb geschätzt werden), bei 26 Prozent konnte kein Tagessummenbon vorgelegt werden. "Formelle Mängel" (beispielsweise mangelhafte Rechnungsmerkmale) gab es gar bei 79 Prozent der Geprüften. Betont wird aber, dass die Finanzpolizei Betriebe gezielt auswählt und die Werte daher wohl höher seien als im Querschnitt aller Unternehmen.
Eine Milliarde Euro als Ziel
Die SPÖ erhofft sich durch die Maßnahmen Mehreinnahmen in der Höhe von einer Milliarde Euro. Das wäre aber nur möglich, wenn man die Registrierkassenpflicht neben der Gastronomie auch in anderen Dienstleistungsbereichen (genannt werden Beherbergung, Einzelhandel, Handwerk, Kleinproduzenten, Veranstaltungen) einführt. Nur in der Gastronomie wäre mit zirka 340 Millionen Euro zu rechnen.
Die ÖVP lehnt das SPÖ-Modell ab, hat im Expertenbericht um nähere Informationen zu anderen Ländern ersucht und um Vorschläge, wie die Unternehmen bei einer etwaigen Einführung entlastet werden könnten. (Günther Oswald, Michael Bauer, derStandard.at, 15.12.2014)