Veit Dengler.

Foto: Keystone / NZZ Mediengruppe

Wien - Die Nachfolge von Markus Spillmann als Chefredakteur der "Neuen Zürcher Zeitung" (NZZ) könnte noch auf sich warten lassen. Zumindest lässt CEO Veit Dengler diesen Schluss zu, wenn er sagt: "Wir werden einen neuen Chefredakteur haben, wenn wir soweit sind." Dies könne durchaus noch einige Monate dauern. Fest steht indes der Start von nzz.at: Der Österreich-Ableger geht am 21. Jänner "live".

Dengler verkündete den Starttermin im Rahmen eines nzz.at-Clubabends am Montag in Wien. Der gebürtige Österreicher betonte dabei neuerlich, dass die Publizistik das Kerngeschäft der NZZ bleiben werde. Insgesamt habe man derzeit vier bis fünf Projekte im Köcher, die in den kommenden Monaten vorgestellt werden sollen. In Österreich soll nzz.at einen Platz im Qualitätssegment finden. "Es ist Zeit für digitale Bezahlprodukte", so Dengler.

Deutschland "ganz andere Größenordnung"

Die seit einigen Wochen für 500 User verfügbare Beta-Version des von Ex-"Presse"-Chefredakteur Michael Fleischhacker geleiteten Online-Produkts werde "jeden Tag besser", wie Dengler betonte. Dieser Test sei aber keine "Nullnummer in Vollbetrieb", neue Features werden hinzukommen und inhaltlich werde man im Jänner "komplett" sein. Wenig verriet der NZZ-CEO bezüglich seiner Erwartungen im Abo-Bereich: "Das Wichtigste ist, dass wir relevant sind." Dass bei entsprechendem Erfolg etwa eine Wochenzeitung im Print folgen könnte, wollte Dengler nicht ausschließen. Grundsätzlich gelte es aber ohnedies, ständig neue Dinge - print wie digital - zu entwickeln. Der Schritt nach Deutschland hingegen sei "eine ganz andere Größenordnung".

Dengler: Gerüchte und Unwahrheiten

Zurückhaltend zeigte sich der Medienmanager auch angesichts der von verschiedenen Seiten kolportieren Spannungen im Zürcher Hauptquartier. Grundsätzlich habe es in den vergangenen Tagen rund um die Ankündigung von Spillmanns Abgang viele Gerüchte und Unwahrheiten gegeben, sagte Dengler. Derzeit gebe es einen Prozess, der vom Verwaltungsrat des Medienunternehmens geleitet wird und an dessen Ende ein neuer Name stehen werde. Im Zuge dessen werde natürlich auch die Redaktion angehört. Die Kommunikation in dieser Causa seitens der Verwaltungsrates sei aber durchaus verbesserungsfähig, räumte Dengler ein.

Korrespondenten wollen sich "mit allem Nachdruck wehren"

Die Kommunikation des Verwaltungsrat kritisieren auch die Korrespondenten der "Neuen Zürcher": Sie warnen in einem gemeinsamen Protestbrief, sie würden sich "mit allem Nachdruck" gegen einen "Chefredakteur mit rechtskonservativer Gesinnung" wehren. Gemeint: Markus Somm, der inzwischen abgesagt hat.

Eine rasche Entscheidung wollte Dengler aber nicht als vordergründiges Ziel ausgeben, brauche man doch einfach "die besten Leute". Um das Blatt selbst mache er sich in der Zwischenzeit keine Sorgen, gebe es doch ausreichend Expertise in der Redaktion und mit den drei stellvertretenden Chefredakteuren auch eine funktionierende Chefredaktion. "Wir werden sicherstellen, dass wir ein sehr gutes Produkt herausgeben und die angestoßenen Projekte weitertreiben", erklärte Dengler.

Transformation dauert

Was die gedruckte Tageszeitung angeht, so zeigte sich der Medienmanager recht optimistisch. "Ich bin der Meinung, dass es Print noch relativ lange geben wird." Für die NZZ sei im Sinne der Publizistik auf allen Kanälen besonders wichtig, den Lesern Einordnung und Expertise zu bieten. "Dafür gibt es einen Markt." Für verschiedene Zielgruppen werde man durchaus verschiedene Produkte anbieten müssen. Der Transformationsprozess werde allerdings noch einige Zeit dauern. "Man darf nicht glauben, dass das in zwölf oder 24 Monaten vorbei ist", betonte Dengler. (APA, red, derStandard.at, 16.12.2014)