Leipzig/Koblenz/Seattle - Arbeitskampf mit Weihnachtspaketen: Die deutsche Gewerkschaft Verdi macht beim Online-Versandhändler Amazon immer mehr Dampf. 2.500 Beschäftigte bleiben seit Dienstag vor den Toren von sechs der neun Logistikzentren in Deutschland. Doch der Versandriese sagt: "Kein Päckchen bleibt liegen."

Mitten im Weihnachtsgeschäft hat Verdi den Arbeitskampf damit ausgeweitet. Am Montag waren bereits mehr als 2.000 Mitarbeiter an fünf Standorten im Ausstand. Jetzt beteiligten sich laut der Gewerkschaft auch Beschäftigte in Koblenz an dem auf drei Tage angelegten Streik. Auch nach dem Ende der Aktion in der Nacht auf Donnerstag will Verdi nicht lockerlassen. Am Mittwoch sollen weitere Entscheidungen fallen.

In der heißen Phase vor den Feiertagen will die Gewerkschaft den Onlinehändler an den Verhandlungstisch zwingen. Amazon sieht sich als Logistikunternehmen, das in dieser Branche gehobene Löhne zahlt. Die Gewerkschaft verlangt einen besser ausgestatteten Tarifvertrag zu Bedingungen des Einzelhandels. Amazon beschäftigt eigenen Angaben zufolge 10.000 Angestellte in Deutschland, vor Weihnachten 10.000 Saisonkräfte zusätzlich.

Angespannte Lage

Der Geschäftsführer von Amazon Deutschland, Ralf Kleber, sieht keine Notwendigkeit für Tarifverhandlungen. "Wir setzen schon von jeher auf betriebliche Mitbestimmung, wir haben an jedem Standort gewählte Betriebsräte." Auch an den Streiktagen laufe das Geschäft ganz normal. Ganz kalt lässt ihn der Ausstand aber nicht: "Natürlich sind wir angespannt, das ist eine der wichtigsten Wochen des Jahres. Da steht der Kunde im Mittelpunkt, da muss natürlich alles klappen."

Die Gewerkschaft berichtete von Störungen im Betrieb durch den Ausstand. Amazon bestritt das. Man habe sich mit dem europaweiten Logistiknetzwerk mit 28 Standorten auf den Streik vorbereitet, sagte Unternehmenssprecherin Anette Nachbar. "Es ist kein Päckchen liegen geblieben." Und das gelte auch weiterhin.

Amazon hatte schon im Vorfeld Bestellungen über andere Logistikzentren im Ausland abgewickelt. Außerdem wurde beispielsweise am Standort Werne in Nordrhein-Westfalen laut Betriebsrat Frank Schrand im Vorfeld des Streiks eine Sonntagsschicht eingelegt.

Kundgebung in Koblenz geplant

Bereits am Montag war der Streik an den Amazon-Standorten im hessischen Bad Hersfeld, in Leipzig (Sachsen), in Graben (Bayern), Rheinberg und Werne (beide Nordrhein-Westfalen) losgegangen. Insgesamt beteiligten sich nach Gewerkschaftsangaben am ersten Tag fast 2.300 Beschäftigte, Amazon sprach von rund 2.100 Streikenden. Ob die Streikenden am Donnerstag an ihre Arbeitsplätze zurückkehren, stehe noch nicht fest, sagte Verdi-Sprecher Karsten Rupprecht. "Das wird am Mittwoch entschieden."

Am dritten Streiktag will die Gewerkschaft den Druck weiter erhöhen. Die Streikenden aus den beiden NRW-Standorten und Bad Hersfeld wollen am Mittwoch mit Bussen zu einer zentralen Streikkundgebung nach Koblenz fahren. (APA, 16.12.2014)