Mit dem Lasersystem "Lidar"

Foto: Screenshot/Nokia Here

Google-Mitgründer Sergey Brin ist äußerst optimistisch: innerhalb der nächsten drei Jahre sollen die ersten selbstfahrenden Autos Straßen erobern. Vor wenigen Tagen wurde ein voll funktionsfähiger Prototyp vorgestellt. Neutrale Experten sind da schon vorsichtiger, sie rechnen mit mindestens 2020, womöglich aber noch länger. Andere hoffen, dass selbstfahrende Autos nie Realität werden. Allerdings befinden sich die Fahrzeuge tatsächlich schon in einem relativ weit fortgeschrittenen Gebiet – was man ja auch bei aktuellen Neuwagen merkt, die selbst einparken, ihre Tempo dem Straßenverkehr anpassen und andere "intelligente" Fähigkeiten aufweisen.

Genaue Karten benötigt

Die Fahrzeugtechnologie ist allerdings nur die halbe Miete: Mindestens genauso wichtig sind detaillierte Straßenkarten, die das Navigationsprogramm über jegliche Unebenheiten, Dellen, Straßensperren, Unfälle und dergleichen informieren. Denn die selbstfahrenden Autos können zwar "live" eine Reihe von Situationen überwinden – sehen also etwa Fußgänger, andere Autos oder Objekte, die im Weg liegen; sie sind aber nicht in der Lage, die Navigation komplett zu übernehmen.

Nokia sorgt für Aufsehen

Das sieht man allein an den vielen Situationen, in denen sich menschliche Fahrer, die oft auch ein GPS-Navi benutzen, extrem verfahren. Bei einem selbststeuernden Auto ist da die Gefahr, dass das Vehikel plötzlich auf Gleisen fährt oder in einen Bach einbiegt, noch größer. Verhindern können das detailgetreue Karten. Im Schatten von Google sorgt dabei vor allem Nokias Kartenservice HERE für Aufsehen – und könnte zum großen Player im autonomen Automarkt werden.

WIRED Science

32 Laser

Was macht Nokia? Der ehemalige Smartphone-Primus hat für seine kartographische Abteilung laut Wired ein eigenes System basierend auf der "Lidar"-Technologie entwickelt, das an speziellen Fahrzeugen montiert wird. Lidar schickt 32 Laserstrahlen aus und erhält so 700.000 Informationen pro Sekunde. In Feinabstimmung mit den Bewegungen des Autos, die durch Software berechnet und ausgeglichen werden, entsteht so eine millimetergenaue Abbildung der Welt.

100 Milliarden neue Infos pro Monat

Zusätzlich verfügen die rund 400 Autos, die Lidar ausfahren, noch über Kameras und GPS-Systeme. Diese Informationen koppelt Nokia mit Satelliten- und Luftaufnahmen. Auch anonymisierte GPS-Daten, die etwa von LKW-Frachtunternehmen zugekauft werden, kommen in die Berechnung mit ein. Dadurch kann Nokia 100 Milliarden neue Punkte pro Monat in sein System einspeisen. Rund 2 Millionen Kilometer haben Nokias Autos mittlerweile abgefahren, damit liegt der finnische Konzern weit vor Google, das "nur" rund 3200 Kilometer entsprechend kartographiert hat.

SlashGear

Psychologische Effekte

Schließlich erklärt Nokia-Designer Peter Skillman gegenüber Wired, dass exakte Karten auch psychologisch wertvoll für die Etablierung von selbstfahrenden Autos seien: Denn schon beim Aufkommen der ersten Kraftfahrzeuge hätten Nutzer darunter gelitten, dass sie "nicht genau wussten", wo sie hinfuhren. Erst detailgetreue Auto-Atlanten beruhigten sie. Bei selbstfahrenden Autos werde das ähnlich sein, glaubt Skillman: Aber wenn etwa ein kleiner Monitor den Passagieren anzeigt, was auch das Auto im Kartenservice "sieht", dann entsteht vielleicht Vertrauen. (fsc, derStandard.at, 26.12.2014)