Wien - Die Interessenvertretung der freien Mitarbeiter im ORF warnt die Mitglieder des Stiftungsrats davor, den neuen Kollektivvertrag am Donnerstag zu beschließen. Zumindest in einem Punkt widerspreche dieser Kollektivvertrag EU-Recht, schreiben sie in einem offenen Brief auf ihrer Webseite https://orffm.wordpress.com/ - mehr demnächst hier.
Sie schließen aus bisherigen Infomationen über den Kollektivvertrag, der ab 2015 gelten soll, dass er wie der bisher geltende von 2003 auf einander folgende Dienstverträge ermögliche, die aber nicht EU-konform definiert seien.
"Wir gehen davon aus, dass sich der Stiftungsrat, die Geschäftsführung des ORF, der Zentralbetriebsrat und die MitarbeiterInnen des Unternehmens im Konsens befinden, Kollektivverträge im Einklang sowohl mit der nationalen Gesetzgebung als auch entsprechender EU-Richtlinien zu gestalten", heißt es in dem Schreiben der Mitarbeiter.
Die Problematik sei seit mehr als einem Jahrzehnt bekannt und von etwa von Betriebsräten immer wieder thematisiert worden - aber in nun von Betriebsrat und Management ausverhandelten neuen Kollektivvertrag wieder nicht bereinigt.
"Keinesfalls zustimmen"
"Wir fordern den Stiftungsrat auf, keinesfalls einem Vertrag zuzustimmen", der die bisherige Regelung für Kettenverträge fortsetzt. Wenn dies "im schriftlich fixierten Kollektivvertrag 2014 erkennbar ist, ersuchen wir den Stiftungsrat ausdrücklich, die Vertragsparteien zur weiteren Verhandlung mit dem Ziel der Beseitigung dieses Mangels aufzufordern. Wir halten es mit dem Prestige eines öffentlich-rechtlichen Unternehmens der Republik Österreich und mit der herausragenden gesellschaftlichen Stellung seiner Repräsentanten für unvereinbar, es in diesem Fall 'auf eine Klage ankommen zu lassen'."
Derzeit seien rund 400 Mitarbeiter mit solchen Kettenarbeitsverträgen im ORF beschäftigt, heißt es in dem Schreiben.
Problem: Kettenarbeitsverträge
Der laut Freien Mitarbeitern kritische Punkt, grob umrissen: Österreich erlaube dem ORF eine Folge von befristeten Arbeitsverträgen mit freien Mitarbeitern, so genannte Kettenverträge. Die EU verlange sachliche Gründe für eine Verlängerung solcher Verträge, eine maximale Gesamtdauer solcher "Kettenverträge" oder eine zulässige Höchstzahl solcher Verträge/Vertragsverhältnisse.
ORF-Gesetz und ORF-Kollektivvertrag 2003 (der im Wesentlichen dem nun zu beschließenden entspreche) würden eine Beschränkung vorsehen. Diese "maximal 137 Stunden pro Monat" seien jedoch kein qualifiziertes und ohnehin kein sachliches Unterscheidungsmerkmal, schreiben die Freien Mitarbeiter. Sie begründen das auch mit parallel zahlreichen regulären, d.h. unbefristeten Teilzeitarbeitsverhältnissen mit 80% oder weniger - die 137 Stunden würden diesen 80 Prozent eines Vollzeitjobs entsprechen. Und das Arbeitszeitgesetz sehe vor, "dass eine Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten an sich wiederum ausschließlich bei sachlicher Rechtfertigung möglich ist. Auch die zulässige Gesamtdauer und die zulässige Zahl der Verlängerungen solcher Verträge seien im ORF-Gesetz nicht festgeschrieben. Und: "Nach den uns vorliegenden Informationen zeigt auch der Vertragsentwurf 2014 kein eindeutiges Kriterium."
Finanzausschuss stimmte KV zu
Der Finanzausschuss des ORF-Stiftungsrats stimmte dem Kollektivvertrag am Montag mit einer Gegenstimme zu. Am Donnerstag soll der Stiftungsrat darüber abstimmen. Der KV soll mit 1. März 2015 in Kraft treten. (red, derStandard.at)