Moskau/Washington - Die westlichen Strafmaßnahmen gegen Russland haben nach Ansicht des russischen Außenministers Sergej Lawrow einen Machtwechsel in Moskau zum Ziel. "Einige Politiker versuchen nicht einmal, das zu verbergen", sagte Lawrow am Dienstag dem französischen Sender France 24.

US-Präsident Barack Obama unterzeichnet in den kommenden Tagen das Gesetz zu Waffenlieferungen an die Ukraine und zur Verschärfung der Sanktionen gegen Russland. Lawrow sagte, Moskau werde die Sanktionen "nicht nur überleben, sondern gestärkt daraus hervorgehen". Russland habe schon Schlimmeres überstanden. Der Außenminister räumte zugleich ein, dass Sanktionen "schmerzen". Dies sei aber nicht Russlands Problem, sondern das der EU und der USA.

"Freedom Support Act"

Der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest, teilte mit, Obamas Unterschrift unter den sogenannten Freedom Support Act werde bis Ende der Woche erfolgen. Das Gesetz sieht vor, härtere Sanktionen unter anderem gegen den russischen Rüstungssektor zu verhängen.

Es macht zudem den Weg frei für die Lieferung sogenannter tödlicher US-Militärausrüstung für den Kampf gegen die prorussischen Rebellen in der Ostukraine. Letztendlich liegt die Entscheidung hierüber aber bei Obama. Der US-Präsident unterzeichne das Gesetz, weil es ihm gewisse Spielräume lasse, sagte sein Sprecher. Die Umsetzung der einzelnen Maßnahmen lägen in Obamas Ermessen.

Bisher hatte der US-Präsident lediglich die Lieferung nicht-tödlicher Militärhilfe an die Ukraine genehmigt. Auch zusätzliche Strafmaßnahmen gegen Russland lehnte er ursprünglich ab. Zur Begründung erklärte er, einseitige Maßnahmen gegen Moskau ohne Abstimmung mit der Europäischen Union wären ein Fehler. Eine Spaltung zwischen Europa und den USA wäre ein "strategischer Sieg für den russischen Präsidenten Wladimir Putin", erklärte Obama vergangene Woche.

Der US-Senat hatte am Samstagabend einstimmig den Ukraine Freedom Support Act gebilligt. Der US-Kongress hatte das neue Gesetz am Donnerstagabend verabschiedet, aus formalen Gründen musste es der Senat danach erneut bestätigen.

Abgeordnete des ukrainischen Parlaments bezeichneten die Verabschiedung des Gesetzes als "historische Entscheidung", während Moskau das Gesetz heftig kritisierte und die US-Regierung vor Konsequenzen warnte.

Die Ukraine und westliche Länder werfen Moskau vor, die Rebellen in der Ostukraine militärisch zu unterstützen und so den Konflikt anzuheizen. Die russische Regierung weist das zurück.

Der ukrainische Generalstabschef Viktor Muschenko brachte am Dienstag die Zahl von "bis zu 10.000" russischen Soldaten in der Ukraine ins Spiel. Außerdem befänden sich "an die 50.000 russische Soldaten" an der Grenze zur Ukraine. Der Generalstabschef erklärte außerdem, Moskau schicke ungeachtet einer neuen Waffenruhe vom 9. Dezember weiter militärische Ausrüstung und Nachschub an die Rebellen gegen Kiew. Insgesamt halte die Waffenruhe jedoch, sagte Muschenko.

US-Außenminister John Kerry erklärte in London, Russland habe "in den vergangenen Tagen konstruktive Schritte" unternommen. Die Strafmaßnahmen von USA und EU könnten binnen Wochen oder Tagen wieder aufgehoben werden, wenn Putin das Richtige tue. Die Sanktionen zielten "nicht speziell" auf die russische Bevölkerung ab. Mit ihnen solle vielmehr Putin zu einer Kursänderung bewegt werden. (APA, 16.12.2014)