Zürich - Nach den Korrespondenten warnen auch die Redakteure der "Neuen Zürcher Zeitung" (NZZ) in einem Brief an den Verwaltungsrat vor der Ernennung eines Chefredakteurs mit nationalkonservativer Gesinnung. 163 Mitglieder der Redaktion haben die Stellungnahme unterzeichnet, die praktisch identisch ist mit jener von 63 Korrespondenten vom Montag.

Nach Ansicht der Redaktion würde ein nationalkonservativer Chefredakteur "das Ende der Kultur einer liberalen und weltoffenen NZZ bedeuten", wie es in dem am Dienstag veröffentlichten Brief heißt. Mit größter Besorgnis habe die Redaktion zur Kenntnis genommen, dass der Verwaltungsrat der NZZ-Mediengruppe mit Markus Somm Gespräche über die Nachfolge von Markus Spillmann geführt habe. Somm ist der Chef der "Basler Zeitung" und gilt als Bewunderer des Chefstrategen der rechtspopulistischen Schweizer Volkspartei (SVP) Christoph Blocher.

Protest "in aller Schärfe"

Somm hatte am Montag mitgeteilt, er habe mit der Führung der NZZ-Mediengruppe Gespräche geführt, aber "nach reiflicher Überlegung" beschlossen, seine Tätigkeit als Chefredakteur und Verleger der "Basler Zeitung" weiterzuführen. Auch nach der Absage von Markus Somm sei die Redaktion tief besorgt um die Zukunft der "NZZ". "Sollte sich die politische Richtung, in der offenbar nach einem neuen Chefredaktor gesucht worden ist, bestätigen, so protestieren wir gegen diese Pläne in aller Schärfe", heißt es in der Stellungnahme.

In ihrem Protest unterstützt wurden die "NZZ"-Redakteure von Impressum, dem Berufsverband der Journalisten. Der plötzliche Rücktritt Spillmanns sei irritierend, schreibt der Verband in einer Mitteilung. Die Tatsache, dass Somm für die Nachfrage bereits angefragt worden sei, lege die Vermutung nahe, dass Spillmann der Rücktritt nahegelegt worden sei.

Unterstützung

Impressum verurteilt, dass die Redaktion im Vorfeld dieses Abgangs nicht konsultiert und im Nachhinein nicht offen informiert worden sei. Für die Nachfolge müsse die Redaktion nun angehört werden.

Kritik übt Impressum auch am Entscheid, die Druckerei in Schlieren zu schließen. Eine eigene Druckerei sei für die Unabhängigkeit und die Reaktionsfähigkeit der Redaktionen entscheidend. Mit solchen überstürzten Entscheiden gefährde die branchenfremde Unternehmensführung die publizistischen Produkte. (APA, sda, 16.12.2014)