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Viele EU-Staaten, insbesondere in Osteuropa, hoffen darauf, dass sie den Aus- und Umbau von Atomkraftwerken mit Mitteln der EU-Investitionsbank finanzieren können. Österreich legt Protest ein.

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452 Gesetzesvorhaben hat die EU-Kommission unter José Manuel Barroso an die Nachfolger im Team von Präsident Jean-Claude Juncker übergeben. Darunter befinden sich Initiativen, die eine Vereinheitlichung der Standards beim Mutterschutz im nationalen Arbeitsrecht ebenso vorsehen wie andere, die Energiebesteuerung und Umweltbelastung regeln oder die Umsetzung einer Abfall-Kreislaufwirtschaft in den EU-Staaten erzwingen sollen. Zum Teil bleiben solche Vorhaben jahrelang liegen, oft Jahrzehnte, werden verwässert, weil die Interessengegensätze zu groß sind.

Arbeitsprogramm

Damit soll nach dem Willen der neuen Kommission Schluss sein, die Dienstag ihr Arbeitsprogramm für 2015 beschlossen und dem Europäischen Parlament in Straßburg vorgelegt hat. Es wurde unter der Leitung des Juncker-Stellvertreters, des sozialdemokratischen Vizepräsidenten Frans Timmermans erarbeitet. Er betonte, dass es nicht darum gehe, diverse politische Pläne einfach zu versenken. Es sei aber angezeigt, Initiativen zurückzuziehen und "neue, bessere, ehrgeizigere vorzulegen", wenn man nicht weiterkomme.

83 Gesetzesinitiativen aus der Barroso-Ära werden ersatzlos gestrichen, hunderte bis nächsten Sommer auf Plausibilität überprüft. Als "erste Priorität" wird die Kommission 2015 zunächst nur 23 Gesetzesvorlagen gemeinsam mit Rat und Parlament verhandeln, sagte Juncker. Ganz oben auf der Liste stehe der Plan, das Investitionspaket mit einem Volumen von 315 Milliarden Euro umzusetzen, um Wachstum und Beschäftigung anzukurbeln. Daneben werde die Kommission Gesetze vorlegen, die Steuerflucht und Steuerbetrug verhindern. Es werde der Grundsatz gelten, "dass Steuern dort bezahlt werden, wo Gewinne erwirtschaftet werden". Er steht seit Wochen unter Druck wegen Steuerdeals von Großkonzernen in Luxemburg. Mit der radikalen Straffung von Programmen wolle man erreichen, dass die Union sich auf das Wesentliche konzentriert, und die regionalen Ebenen Verantwortung übernehmen, wie EU-Staaten fordern.

Streit um AKW-Förderung

Dieser Zugang stieß bei den Parteien auf viel Kritik. Vor allem die Grünen, Teile der Sozialdemokraten und die Linke befürchten, dass Juncker unter dem Vorwand, die Wirtschaft zu stärken, Ambitionen im Umweltbereich aufgeben will. Es wäre ein Skandal, wenn Initiativen zur Luftreinhaltung oder zur Abfallwirtschaft gar nicht angegangen werden", kritisierte Fraktionschefin Rebecca Harms (Grüne). Timmermans sagte, alle Ziele blieben bestehen.

Ein Streit zeichnet sich beim EU-Gipfel Ende der Woche beim großen Investitionspaket ab, weil einige Staaten damit den Ausbau von Atomkraftwerken finanzieren wollen. Umweltminister Andrä Rupprechter lehnt dies kategorisch ab, er erwartet, dass Kanzler Werner Faymann ein Veto einlegt. Laut Kommission entscheiden aber Experten der EU-Investmentbank über Projekte, nicht Regierungspolitiker. Jedem Land stehe es frei, über die Art der Energieerzeugung selbst zu entscheiden. (Thomas Mayer aus Brüssel, DER STANDARD, 17.12.2014)