Dem schwarzen Montag folgte an Moskaus Valuta- und Aktienbörsen ein rabenschwarzer Dienstag. Der Kursrutsch mit einem Euro, der mehr als 100 Rubel kostet, steht auf einer Stufe mit der Geldentwertung, die dem Staatsbankrott im August 1998 folgte. "Das ist der Preis für die Krim", mögen böse Zungen sagen. Tatsächlich haben die darauf folgenden westlichen Sanktionen ihren Teil dazu beigetragen, das Vertrauen in die russische Wirtschaft zu erschüttern. Doch die Schadenfrohen sollten bedenken: Der Rubelverfall trifft nicht die Ölbarone, sondern die Armen in Russland am stärksten. Rentner und Geringverdiener, deren Rubel kaum noch etwas wert sind und die einen immer größeren Teil ihrer Einkünfte für die galoppierend im Preis steigenden Lebensmittel ausgeben müssen.

Natürlich ist der massive Kurseinbruch auch eine Niederlage für Putin - allerdings nicht so sehr wegen der Krim. Die Sanktionen haben Russlands Wirtschaft nicht zu Fall gebracht. Das hat die russische Führung selbst verursacht, indem sie die Modernisierung und Diversifizierung der russischen Wirtschaft jahrelang allein verbal betrieben hat. Immer noch ist die Ökonomie völlig von den Öl- und Gaseinnahmen abhängig. Der Rubelrutsch leitet sich daher logischerweise vom Ölpreisverfall ab.

Hinzu kommt, dass die in den Anfangsjahren unter Putin begonnenen Reformen immer stärker dirigistischen Maßnahmen gewichen sind. Der Kremlchef führte die Wirtschaftspolitik quasi per Handsteuerung. In Krisenzeiten erhöht sich die Fehlerquote dadurch immens. Eine Weile kann man dies durch den Verweis auf äußere und innere Feinde - ein in Russland beliebtes Suchspiel mit langer Tradition - kaschieren.

Doch ausgerechnet eine Äußerung Putins bei seiner Rede zur Lage der Nation könnte sich nun als Bumerang erweisen. Schon damals hatte der Präsident den schleichenden Rubelverfall Spekulanten in die Schuhe geschoben und gesagt: "Die Obrigkeit weiß, wer diese Spekulanten sind, und hat Instrumente gegen sie." Kurzfristig konnte die Drohung den Rubel stabilisieren, doch mit dieser Äußerung hat sich Putin exponiert, sich quasi zum Garanten eines festen Wechselkurses erklärt und objektive Marktgegebenheiten negiert. Nun stellt sich heraus, dass es offenbar keine wirksamen Instrumente gab, dass Putin also schwächer war als ein paar Spekulanten. Dies dürfte empfindlich am Image des starken Kremlchefs kratzen. (André Ballin, DER STANDARD, 17.12.2014)