Die europäische Telekom-Branche steht vor dramatischen Umwälzungen. Nach dem Motto "Big is beautiful" war es früher das Bestreben der großen Konzerne, in möglichst vielen Ländern mit eigenen Ablegern vertreten zu sein. Jetzt schalten die Chefs dagegen in den Rückwärtsgang. Jüngstes Beispiel ist der geplante Ausstieg der Deutschen Telekom und Orange - einst France Telecom - aus Großbritannien.

Festnetz, Mobilfunk und Fernsehen wachsen zusammen

Dahinter verbergen sich drei Entwicklungen, die die Branche in den nächsten Jahren umkrempeln werden. Die erste liegt in der Technologie begründet: Festnetz, Mobilfunk und Fernsehen wachsen zusammen. Zweitens geht es um wirtschaftliche Aspekte, da diese Technologien und die steigenden Ansprüche der Kunden ständige Investitionen erfordern. Und drittens findet ein Umdenken in Politik und Aufsichtsbehörden statt.

Losgetreten wurde die jüngste Übernahmewelle erst vor einem Jahr, und zwar in Deutschland. Damals griff der kleinste dortige Mobilfunker o2 nach dem drittgrößten Anbieter E-Plus, der zum niederländischen KPN-Konzern gehörte. Die EU-Kommission, die Fusionen innerhalb einzelner Länder zuvor kategorisch verboten hatte, erteilte der 8,6 Mrd. Euro schweren Übernahme nach langer Bedenkzeit grünes Licht. Dahinter steht ein Umdenken in Berlin und Brüssel: Die Politiker treibt die Sorge um, dass die Telekom-Unternehmen nicht genug in superschnelle und landesweite Datenautobahnen investieren, weil sie eine jahrelange Gewinnerosion hinter sich haben, die die Behörden mit neuen Auflagen zusätzlich forcierten.

Harten Bandagen

Branchenkennern zufolge wird bei vier Mobilfunkbetreibern pro Land der Kampf um jeden Kunden mit so harten Bandagen geführt, das am Ende die Preise auf breiter Front abrutschen und alle Anbieter weniger in der Kasse haben. Londoner Banker setzen deshalb bereits darauf, dass es in der Telekom-Branche in nächster Zeit mehr Deals geben wird. "Jedes Land braucht nur zwei oder höchstens drei Anbieter, tatsächlich gibt es aber europaweit insgesamt 53", sagt einer von ihnen. Zusammenschlüsse seien zudem unausweichlich, da viele Firmen die hohen Infrastrukturkosten nicht mehr tragen könnten. Dahinter verbirgt sich eine einfache Rechnung: Der Bau eines auch nur halbwegs flächendeckenden Breitband- oder Mobilfunknetzes ist extrem teuer, weshalb die Anbieter möglichst viele Kunden benötigen, um das Geld zurückzuverdienen. Investitionen rechnen sich häufig erst nach Jahren oder Jahrzehnten.

Spielraum

Doch die große Frage ist nun, ob die Telekom-Konzerne den neu gewonnen Spielraum und eine höhere Profitabilität wirklich in den Ausbau der Datenautobahnen stecken. Die Deutsche Telekom etwa benötigt derzeit nach Ansicht von Analyst Jerry Dellis von der Bank Jefferies nicht mal neues Geld - Ausdruck dafür sei, dass der Konzern einen großen Teil des Verkaufspreises von EE in Großbritannien in Aktien des Käufers erhalten soll. In Deutschland seien die Investitionen der Telekom so hoch, dass sie sich kaum steigern ließen.

Interessant wird deshalb ein Termin Ende Februar: Auf der Bilanzpressekonferenz in Bonn wird der T-Konzern den Abschluss 2014 vorstellen. Gleichzeitig könnte die Telekom die Dividende für die nächsten Jahre festlegen. Vor zwei Jahren wurden die jährlichen Ausschüttungen zunächst auf 50 Cent je Titel von zuvor 70 Cent gekürzt. Grund waren die hohen Kosten für den Netzausbau in Deutschland. Doch versprach der Konzern, die Höhe zu überprüfen, wenn die Kassen wieder voll sind. Das wäre so langsam der Fall. (APA, 17.12. 2014)