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Pegida Demo in Dresden am 15. Dezember 2014.

Foto: Reuters, HANNIBAL HANSCHKE

DER STANDARD berichtete von dem Demonstrationsaufruf der "Bürgerbewegung" Pegida (Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes) in Dresden, dem immerhin zwischen 10.000 und 15.000 Menschen folgten. Dieser Aufmarsch stellt durchaus eine neue Qualität dar: Bisher blieben die Teilnehmer derartiger Demonstrationen meist auf den rechtsextremen Rand der Gesellschaft beschränkt, gelegentliche Versuche von Rechtsextremen, eine breitere Bewegung zu lancieren, scheiterten.

In einer Periode, in der sowohl rechtsextreme Gruppen als auch der islamistische Fundamentalismus weltweit auf dem Vormarsch sind, werden Bewegungen wie die Pegida natürlich sehr kontrovers diskutiert. Insbesondere Teile der Linken, die weder mit Nationalismus noch mit dem konservativen Islam sympathisieren, tun sich mit der Einordnung scheinbar schwer.

Was ist Pegida?

In ihrer Selbstdarstellung versucht die Pegida sich als möglichst weit in der "Mitte" einzuordnen. So zeigt das Titelbild ihrer Facebook-Seite, wie die IS-Fahne, ein Antifa-Symbol, Hammer und Sichel und ein Hakenkreuz gemeinsam in den Abfalleimer geworfen werden.

Nach außen gibt Pegida sich als Bewegung islamkritischer Bürger ohne gemeinsame Ideologie. Tatsächlich beruft die Bewegung sich mehr auf nationale Verbundenheit als auf gemeinsame Ideen, so wird von der "Überfremdung" Europas gesprochen, man will die "christlich-jüdische" Kultur des Abendlandes verteidigen. Hier offenbart sich aber der nationalkonservative Charakter der Bewegung. Pegida setzt dem islamischen Fundamentalismus nicht etwa säkulare, aufklärerische Ideen entgegen, sondern eben das christliche Abendland.

Aber ist Pegida jetzt konservativ, rechtsextrem oder einfach nur eine Bewegung besorgter Bürger?

Offensichtlich sind die 15.000 Demonstranten in Dresden nicht durchwegs rechtsextrem. Pegida wurde auch keineswegs von typischen rechtsradikalen Gruppen initiiert. Es sind Menschen aller Schattierungen von rechtskonservativ bis rechtsextrem, die mit dem Argument des Kampfs gegen den Islam zu einem gemeinsamen Aufmarsch mobilisiert wurden.

Eine neue Strategie der Rechtsextremen

Hier zeigt sich ein wesentliches Merkmal der Bewegung: Islamfeindlichkeit wird zu einem gemeinsamen Nenner zwischen Konservativen und Rechtsextremen. Dies ermöglicht es offen rechtsradikalen Gruppen, an der konservativen Mitte anzuknüpfen.

Diese Strategie zeichnete sich in den vergangenen Jahren durchaus ab. Rechtsextreme Gruppen haben dazugelernt. In den letzten Jahren kamen Gruppen wie die Identitären in Österreich auf, die sich nicht mehr als knallharte Schlägertrupps präsentieren, sondern vielmehr die Unterschiede zwischen sich und anderen verwischen. Gruppen, die hart am Nationalsozialismus schrammen und es dennoch schaffen, sich als modern zu präsentieren.

Islamfeindlichkeit dient dabei als erster gemeinsamer Nenner, der von Rechtsextremen genutzt wird, um am Rechtskonservatismus anzuknüpfen. Diese neue Strategie der Rechtsextremen wird in Zukunft an Bedeutung gewinnen.

Wie mit dem Islamismus umgehen?

Pegida versucht nicht, dem Islamismus auf ideologischer Ebene zu begegnen. Die vorgeschlagene Lösung ist: Zuwanderung beschränken. Die erzeugte Stimmung der Fremdenfeindlichkeit wird in Europa lebende Muslime jedoch erst recht in die Hände islamistischer Prediger treiben.

Was in Europa bisher fehlt, ist hingegen eine gesellschaftliche Kraft, die dem Islamismus nicht mit Fremdenfeindlichkeit entgegentritt, sondern versucht, gerade unter Migranten eine säkulare Bewegung gegen den Islamismus aufzubauen. Anknüpfungspunkte dazu gäbe es genug. Gerade der Nahe Osten war die letzten Jahre nicht durchwegs von Fundamentalismus geprägt, sondern auch von fortschrittlichen Bewegungen, die im Zuge des Arabischen Frühlings versuchten, demokratische und soziale Forderungen durchzusetzen.

Das Problem des Islamismus darf dabei nicht isoliert betrachtet werden: Es ist die Kombination aus zunehmender Perspektivlosigkeit und dem Fehlen einer Alternative zu den verrotteten politischen Systemen im Nahen Osten, die dort Menschen in die Fänge von Fundamentalisten treibt. Das hat durchaus auch etwas mit Österreich zu tun: Für viele Zuwanderer aus islamisch geprägten Ländern, besonders für jene mit niedrigerem Bildungsstandard, bieten sich auch in Europa wenige Perspektiven.

Migranten machen den größten Teil der Leiharbeiter aus, die zu den niedrigsten Löhnen und unter den schlechtesten Bedingungen arbeiten. Will man dem Islamismus offensiv entgegentreten, muss man gerade auch diese Probleme ansprechen. (Felix Mittelberger, derStandard.at, 17.12.2014)